BGH v. 9.10.2025 - I ZR 159/24

Unwirksamkeit eines im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Maklervertrags

Gestaltet der Makler bei einem im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Maklervertrag die Annahmeerklärung des Verbrauchers entgegen § 312j Abs. 3 BGB nicht als ausdrückliche Bestätigung der Provisionspflicht aus, so ist der Maklervertrag gem. § 312j Abs. 4 BGB nicht schwebend, sondern endgültig unwirksam. Ist ein Maklervertrag mangels Wahrung der Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB nach § 312j Abs. 4 BGB unwirksam, so kann der Verbraucher gem. § 141 Abs. 1 BGB den Neuabschluss des Vertrags durch eine einseitige Bestätigung bewirken. Die Bestätigung unterliegt zur Vermeidung eines Umgehungsgeschäfts i.S.v. § 312m Abs. 1 Satz 2 BGB dem Erfordernis des § 312j Abs. 3 BGB, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, sich zu einer Zahlung zu verpflichten.

Der Sachverhalt:
Die klagende Immobilienmaklerin bot im Sommer 2021 im Auftrag der damaligen Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück im Internet zum Kauf an. Der Beklagte meldete sich telefonisch bei der Klägerin und bat um weitere Informationen zu dem Objekt. 

Die Klägerin behauptet, sie habe nach dem Telefonat mit dem Beklagten am 6.8.2021 die Maklersoftware "f." aktiviert. Darauf sei dem Beklagten am selben Tag automatisch eine E-Mail mit dem Link "Zum WebExposé", der auf eine Provision von 3,57 % des Kaufpreises hinweisenden Anlage "Maklervertrag Interessent" und der eine Widerrufsbelehrung enthaltenden Anlage "Informationen für den Verbraucher - Maklervertrag Interessent" übersandt worden. Der Beklagte habe den Link angeklickt und sei auf die Webseite "Maklervertrag abschließen" geleitet worden. Dort habe er ein Häkchen angeklickt, mit dem er bestätigt habe, dass er die genannten Anlagen erhalten habe, und erklärt habe, er nehme das Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags an. Außerdem habe der Beklagte durch die Aktivierung eines weiteren Häkchens bestätigt, dass ihm die Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsbelehrungsformular per E-Mail zugesandt worden seien. Alsdann habe er die Schaltfläche "Senden" betätigt und sei auf das Web-Exposé geleitet worden. Mit E-Mail vom 6.8.2021 um 10:38 Uhr teilte die Klägerin dem Beklagten unter Hinweis auf eine Käuferprovision von 3,57 % mit, er könne nun das vollständige Web-Exposé aufrufen. Um 10:54 Uhr desselben Tags bedankte sich der Beklagte per E-Mail für die Zusendung des Exposés und bat die Klägerin um einen Besichtigungstermin, den diese noch für den 6.8.2021 organisierte und an dem auch die Grundstückseigentümerin teilnahm. 

Mit E-Mail vom 9.8.2021 übersandte der Beklagte der Klägerin ein Angebot zum Kauf des Objekts zum Preis von 900.000 € zur Weiterleitung an die Eigentümerin, das letztere ablehnte. Mit E-Mail vom 27.8.2021 erhöhte der Beklagte sein Kaufangebot auf 985.000 €. Die Klägerin übermittelte dem Beklagten mit E-Mail vom 1.9.2021 in Dateiform eine vorformulierte "Vermittlungs- bzw. Nachweisbestätigung". Darin war festgehalten, dass die Klägerin dem Beklagten die Möglichkeit zum Kauf der Immobilie zum Preis von 985.000 € nachgewiesen bzw. vermittelt habe, dass der Beklagte beim Kauf des Objekts für den Nachweis oder die Vermittlung eine Provision von 2,98 % brutto des Gesamtkaufpreises bezahlen werde und dass er bestätige, den "Maklervertrag Interessent", die Informationen für den Verbraucher, die Widerrufsbelehrung sowie das Exposé für die Immobilie erhalten zu haben. Zugleich teilte die Klägerin mit, die Maklerprovision habe sich für den Beklagten und die Eigentümerin auf 2,5 % zzgl. Umsatzsteuer reduziert. Der Beklagte übermittelte an die Klägerin am 2.9.2021 die Datei der "Vermittlungs- bzw. Nachweisbestätigung" mit einem eingescannten Bild seiner Unterschrift und der Bitte um Übersendung des Maklervertrags, den er noch nicht erhalten habe. Einen Tag später teilte er der Klägerin mit, die Maklerprovision von rd. 29.000 € sei teils ihm selbst und teils der von ihm geführten D. GmbH in Rechnung zu stellen.

Am 9.9.2021 schlossen der Beklagte und die Eigentümerin einen notariell beurkundeten Vertrag über den Kauf der Immobilie zum Preis von 985.000 €. Im Kaufvertrag war festgehalten, dass er durch die Klägerin vermittelt worden sei. Die Klägerin stellte dem Beklagten und der Eigentümerin eine Provision von jeweils rd. 29.000 € in Rechnung. Der Beklagte beglich die Rechnung nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2021 focht er die im Zusammenhang mit der "Vermittlungs- bzw. Nachweisbestätigung" abgegebenen Erklärungen wegen Drohung und arglistiger Täuschung an. In der Klageerwiderung vom 25.4.2022 widerrief er sämtliche von ihm in Bezug auf ein Tätigwerden der Klägerin abgegebenen Erklärungen. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Maklerprovision i.H.v. 29.000 € nebst Zinsen in Anspruch. 

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des OLG, der von den Parteien mithilfe des "f."-Systems geschlossene Maklervertrag sei wirksam, obwohl die Beklagte die Vorgaben des § 312j Abs. 3 BGB für die Gestaltung der Annahmeerklärung nicht gewahrt habe.

Gem. § 312j Abs. 2 BGB in der bei Abschluss des Maklervertrags geltenden Fassung bis zum 27.5.2022 (a.F.) muss der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, dem Verbraucher die Informationen gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen. Nach § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Unternehmer die Bestellsituation bei einem Vertrag nach § 312j Abs. 2 BGB so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet.

Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist (§ 312j Abs. 3 Satz 2 BGB). Gem. § 312j Abs. 4 BGB kommt ein Vertrag nach § 312j Abs. 2 BGB nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus § 312j Abs. 3 BGB erfüllt. Nach § 312j Abs. 5 Satz 1 BGB sind die Absätze 2 bis 4 nicht anzuwenden, wenn der Vertrag ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wird.

Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Informationspflicht aus § 312j Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB verletzt hat. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des OLG, der Verstoß der Klägerin gegen ihre Informationspflicht aus § 312j Abs. 3 BGB habe gem. § 312j Abs. 4 BGB nicht zur Unwirksamkeit des Maklervertrags geführt.

Ein Maklervertrag stellt einen Vertrag dar, bei dem sich der Verbraucher i.S.v. § 312j Abs. 3 Satz 1 BGB zu einer Zahlung verpflichtet. Gestaltet der Makler bei einem im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Maklervertrag die Annahmeerklärung des Verbrauchers entgegen § 312j Abs. 3 BGB nicht als ausdrückliche Bestätigung der Provisionspflicht aus, so ist der Maklervertrag gem. § 312j Abs. 4 BGB nicht schwebend, sondern endgültig unwirksam. Ist ein Maklervertrag mangels Wahrung der Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB nach § 312j Abs. 4 BGB unwirksam, so kann der Verbraucher gem. § 141 Abs. 1 BGB den Neuabschluss des Vertrags durch eine einseitige Bestätigung bewirken. Die Bestätigung unterliegt zur Vermeidung eines Umgehungsgeschäfts i.S.v. § 312m Abs. 1 Satz 2 BGB dem Erfordernis des § 312j Abs. 3 BGB, dass der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, sich zu einer Zahlung zu verpflichten.

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Aufsatz
Wirksame Begründung einer Zahlungsverpflichtung bei Verwendung eines Internet-Bestellbuttons
Gerhard Ring, MDR 2024, 1080
MDR0069987

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.11.2025 14:51
Quelle: BGH online

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