OLG Frankfurt a.M. v. 10.7.2025 - 6 UKl 14/24
Zwang zur Preisgabe von E-Mail oder Handynummer als Voraussetzung für Kauf von Bahnfahrkarten unzulässig
Der Erwerb einer Bahnfahrkarte darf nicht die Angabe der E-Mail-Adresse bzw. der Handynummer voraussetzen. Diese Datenverarbeitung ist für die Vertragserfüllung nicht erforderlich.
Der Sachverhalt:
Die beklagte Deutsche Bahn Fernverkehr AG verkauft ihre Bahntickets über das Internet, die Bahn-App, am Schalter, über Fahrkartenautomaten oder telefonisch über den Reiseservice. Der Vertrieb von Spar- bzw. Super-Sparpreistickets erfolgte bis zum Fahrplanwechsel 15.12.2024 nur digital. Verbraucher mussten - auch beim Kauf am Schalter - ihre E-Mail oder eine Handynummer angeben, um das digitale Ticket bzw. die Auftragsnummer zu empfangen. Am Automaten konnten diese Tickets nicht erworben werden.
Der klagende Verbraucherzentrale Bundesverband nimmt Verbraucherinteressen wahr. Mit seiner erstinstanzlich vor dem OLG geführten Klage verlangt er, dass die Beklagte es unterlässt, E-Mail-Adressen und/oder Handynummer von Verbrauchern zu verarbeiten, ohne dass dies für die Vertragsdurchführung erforderlich ist.
Das OLG gab der Klage statt. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Die zwingende Forderung nach der Angabe einer E-Mail-Adresse oder Telefonnummer beim Verkauf der streitigen Online-Tickets "Sparpreis" und "Super-Sparpreis" ist rechtwidrig. Es liegt eine Datenverarbeitung entgegen den Vorgaben der DSGVO vor.
Die Datenverarbeitung war nicht durch eine Einwilligung der Verbraucher gerechtfertigt. Es fehlt an einer freiwillig abgegebenen Einwilligung. Die Verbraucher hatten hier keine echte oder freie Wahl. Vielmehr hat die Beklagte die Vertragserfüllung von der Einwilligung abhängig gemacht. Gegen die Freiwilligkeit spricht auch die gerichtsbekannte marktbeherrschende Stellung der Beklagten auf dem Markt des Eisenbahnfernverkehrs.
Die Datenverarbeitung war auch nicht im Übrigen gerechtfertigt. Für die Vertragserfüllung selbst ist sie nicht erforderlich. Kunden möchten zu einem günstigen Preis mit der Bahn an einem bestimmten Tag von A nach B fahren. Dafür wird der Fahrpreis gezahlt. Der Hauptgegenstand liegt dagegen nicht im Generieren eines validen und zugleich digitalen Sparpreis-Tickets. Das Ticket dient dem Nachweis des Vertragsschlusses über die Beförderung und Bezahlung. Die digitale Form des Tickets erleichtert allein der Beklagten die Abwicklung der Hauptleistung und dient vornehmlich unternehmensinternen Zwecken - etwa der Kundenbindung, Werbung oder der Kontrolle des Nutzerverhaltens.
Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist auch nicht zur Verwirklichung überwiegender berechtigter Interessen unbedingt erforderlich. Bloße Nützlichkeit oder bestmögliche Effizienz genügen dafür nicht. Nur wenn das Interesse an der Datenverarbeitung nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Grundrechte eingreifen, ist von dieser Erforderlichkeit auszugehen. Daran fehlt es hier. Der Verantwortliche muss also den Prozess für den Zugang zu seinen Leistungen wählen, der mit dem geringsten Maß an personenbezogenen Daten auskommt. Daran fehlt es hier.
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