OLG Frankfurt a.M. v. 26.6.2025 - 16 U 58/24

Facebook: Anspruch auf Löschung eines ausschließlich für rechtsverletzende Äußerungen genutzten Profils

Wird ein Nutzerkonto auf der Plattform "Facebook" nach den Gesamtumständen ausschließlich dazu eingerichtet und genutzt, rechtsverletzende Äußerungen über eine Person zu posten, besteht nicht nur ein Anspruch auf Löschung der Äußerungen, sondern auch auf Löschung des Kontos.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die beklagte Betreiberin der Plattform "Facebook" u.a. auf Unterlassung in Anspruch, zwei Nutzerkonten (Profile) bereitzuhalten sowie fünf Äußerungen - u.a. "Du dumme Sau", "frigide menopausierende Schnepfe" - zu verbreiten bzw. verbreiten zu lassen.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG ihr statt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Die Gründe:
Es liegt eine Persönlichkeitsverletzung vor, für die Facebook als Störerin haftet.

Bei den auf dem einen Profil geposteten Äußerungen handelt es sich sämtlich um herabsetzende Werturteile, wie etwa "Du dumme Sau" oder "frigide menopausierende Schnepfe". In keinem Fall sind sachliche Anknüpfungspunkte für die herabsetzenden Äußerungen erkennbar. Die Klägerin ist jedenfalls in ihrem Bekanntenkreis auch als die mit den Äußerungen gemeinte Person identifizierbar. Dies ergibt sich bei diesem Profil aus den dort beigefügten Bildern, die unstreitig die Klägerin zeigen.

Hinsichtlich des anderen Nutzerkontos liegt die Persönlichkeitsverletzung zum einen in der erkennbaren Verfremdung ihres für das Nutzerkonto verwendeten Namens, die als Beleidigung zu werten ist. Zum anderen liegt sie in den ohne Bezug unverbunden auftauchenden Äußerungen, wie etwa "Wer nichts vorzuweisen hat labert Scheiße". Auch hier ist die Klägerin als gemeinte Person erkennbar. Dies folgt aus dem gewählten Profilnamen, der in verfremdender Weise, aber bildlich und klanglich erkennbar den Namen der Klägerin nachbildet.

Facebook ist hier ausnahmsweise nicht nur zur Löschung der Äußerungen, sondern der Nutzerkonten selbst verpflichtet. Die Kontenlöschung ist unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt, wenn das Konto nach den Gesamtumständen ausschließlich dazu eingerichtet und genutzt wurde bzw. wird, rechtsverletzende Äußerungen über den Anspruchsteller abzusetzen bzw. zu veröffentlichen. Die Löschung beinhaltet zwar einen erheblichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Da hier jedoch nur persönlichkeitsverletzende Inhalte auf den Konten gepostet worden sind, ist - auch angesichts der Vielzahl der gegen die Klägerin gerichteten Äußerungen - die Löschung des Kontos gegenüber der Löschung einzelner Äußerungen das effektivere Mittel, um vergleichbaren Rechtsverletzungen vorzubeugen.

Facebook haftet dabei als mittelbare Störerin, da die Klägerin sie hinreichend konkret vorprozessual auf die Persönlichkeitsverletzungen hingewiesen hat.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.06.2025 09:54
Quelle: OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 34 vom 12.6.2025

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