OLG Nürnberg v. 11.6.2025, 3 U 383/25

Kein Anspruch auf Löschung sowie Berichtigung des Score-Wertes

Für die für einzelne Ansprüche Betroffener geltende Darlegungs- und Beweislast gilt das nationale Recht. Danach obliegt es den Betroffenen selbst, ihre Interessen, die im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorzunehmenden, konkreten Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, darzulegen. Die DSGVO sieht – anders als § 35 BDSG a.F. – keine Fristen für die Speicherdauer vor.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Löschung eines Eintrages in ihrem Register geltend gemacht. In der Datenbank der Beklagten finden sich zwei Einträge der Deutschen T. über Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin aus den Jahren 2019 und 2021. Es handele sich dabei um Beträge i.H.v. 201,30 € sowie knapp 100 €. Diese wurden erst am 3.8.2023 sowie 7.5.2024 erledigt. Die Klägerin hat am 9.7. und 9.8.2024 die Löschung sowie die Berichtigung des Score-Wertes der Beklagten verlangt. Diese hat sich allerdings geweigert. Die entsprechenden Dateneinträge wurden an die Kunden der Beklagten weitergegeben.

Das LG hat die auf Löschung seiner Eintragung, Berichtigung des Score-Wertes und Unterlassung erneuter Speicherung durch die Beklagte gerichtete Klage abgewiesen. Die Daten seien durch die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet worden, da das Interesse der Beklagten i.S.d. Art. 6 Abs. 1 f DSGVO das heutige Interesse der Klägerin überwiege. Es handele sich nicht um unrechtmäßig verarbeitete personenbezogene Daten.

Das OLG hat per Hinweisbeschluss bekannt gegeben, dass es beabsichtige, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Gründe:
Das erstinstanzliche Urteil beruhte nicht auf einer fehlerhaften Einschätzung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Berechtigung der Beklagten, Daten auch der Klägerin zu speichern. Diese liegt vielmehr als materielle Anspruchsvoraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen bei der Klagepartei.

Mit dem Verweis auf die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache C-340/21 vermochte die Klägerin eine Beweislast der Beklagten nicht zu begründen. Darin wurde keine Entscheidung über die allgemeine Beweislastverteilung im deutschen Zivilprozess getroffen. Für die für einzelne Ansprüche Betroffener geltende Darlegungs- und Beweislast gilt vielmehr das nationale Recht. Danach obliegt es den Betroffenen selbst, ihre Interessen, die im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO vorzunehmenden, konkreten Interessenabwägung zu berücksichtigen sind, darzulegen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergab sich eine andere Beweislastverteilung auch nicht aus der Rechtsprechung zu äußerungsrechtlichen Streitigkeiten. Es ist zwar zutreffend, dass bei einer üblen Nachrede nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das zivilrechtliche Äußerungsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB grundsätzlich den Schädiger die Beweislast für die Wahrheit der das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Tatsachenbehauptung trifft. Im vorliegenden Fall ging es aber weder um eine üble Nachrede i.S.v. § 186 StGB noch um die Verbreitung einer Tatsachenbehauptung durch die Beklagte.

Die Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten durch die Beklagte erfolgte zur Wahrung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen der Klägerin dem entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Ohne die Speicherung derartiger bonitätsrelevanter Informationen über Zahlungsstörungen könnte die Beklagte ihren Vertragspartnern keine zutreffende und objektive Einschätzung zur Kreditwürdigkeit der Klägerin zur Verfügung stellen. Der Umstand, dass die Klägerin die streitgegenständliche Verbindlichkeit von 201 € erst vier Jahre und zwei Monate nach der fristlosen Kündigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses durch die Deutsche T. und die weitere Verbindlichkeit von circa 100 € erst drei Jahre und zwei Monate nach der ersten Mahnung bezahlt hat, hat einen unmittelbaren Bezug zur Einschätzung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Klägerin.

Die vorgesehene Speicherdauer von abstrakt drei Jahren war dem Grunde nach nicht zu beanstanden, sondern in Abwägung der Interessen der betroffenen Person gegenüber den Interessen der Beklagten angemessen und auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt. Die DSGVO sieht – anders als § 35 BDSG a.F. – keine Fristen für die Speicherdauer vor. Die im Code of Conduct vorgesehene Regelfrist erscheint sachlich angemessen; dies insbesondere im Hinblick auf die Interessen der kreditgebenden Mitglieder der Beklagten im Verhältnis zum Löschungsinteresse der Klägerin.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | DSGVO
Art. 6 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
Plath/Struck in Plath (Hrsg.), DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Auflage
4. Aufl./Lfg. 01.2025

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Art. 82 Haftung und Recht auf Schadenersatz
Becker in Plath (Hrsg.), DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Auflage
4. Aufl./Lfg. 04.2023

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.06.2025 13:12
Quelle: Bayern.Recht

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