BGH v. 22.1.2025 - II ZB 18/23

Auskunftsersuchen des Gesellschafters über persönliche Daten sowie Beteiligungshöhen der anderen Gesellschafter

Ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der DSGVO entgegen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist jeweils über einen Treuhand- und Servicevertrag mit der Beklagten, der Treuhandkommanditistin der S. GmbH & Co. KG und der D. GmbH & Co. KG (Fondsgesellschaften), mit einem Anteil von nominal 15.000 € bzw. 30.000 € mittelbar an den Fondsgesellschaften beteiligt. Die Bestimmungen der Gesellschaftsverträge gelten nach § 6 Nr. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags (GV) entsprechend für die Treugeber. Gem. § 6 Nr. 2 GV werden die Treugeber von der Treuhandkommanditistin bevollmächtigt, deren Mitgliedschaftsrechte im Umfang ihrer Treuhandeinlage selbst auszuüben. Dies schließt ausdrücklich die Befugnis ein, an Gesellschafterversammlungen der Gesellschaft direkt teilzunehmen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 4.1.2022 begehrte der Kläger von der Beklagten vergeblich Auskunft über persönliche Daten sowie die Beteiligungshöhen der an den beiden Fondsgesellschaften beteiligten Gesellschafter (Treugeberkommanditisten und unmittelbar beigetretene Kommanditisten).

Das LG gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ließ das OLG nicht zu und verwarf sie als unzulässig. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat die Berufung der Beklagten mit rechtsfehlerfreien Erwägungen als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 500 € nicht übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), und ihr den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mithin nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert. Die von der Beklagten angeführten Kosten der Anlegerbefragung erhöhen den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, da die Befragung weder aus gesellschaftsrechtlichen noch aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlich war. Ein den Beschwerdewert steigerndes Geheimhaltungs- und Datenschutzinteresse der Beklagten lag ebenfalls nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei einem Gesellschaftsvertrag einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, selbstverständlich. Es folgt als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem. Das auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren des Gesellschafters ist lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gem. § 226 BGB begrenzt. Danach muss, wer sich an einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft, insbesondere in Form einer Publikumsgesellschaft beteiligt, damit rechnen, dass neben seinen Daten auch seine Beteiligungshöhe an seine Mitgesellschafter bzw. diesen gleichgestellten Mittreugebern mitgeteilt wird. Aufgrund des durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnisses ist es ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht des Gesellschafters, die Beteiligungshöhe seiner Mitgesellschafter zu erfahren.

In jeder Gesellschaft ist das Zusammenwirken der Gesellschafter ein elementarer Bestandteil der Willensbildung, weshalb es in Personengesellschaften, und auch in einer Publikumspersonengesellschaft, kein Recht gibt, anonym zu bleiben. Deshalb muss insbesondere der Anleger einer Publikumsgesellschaft, wenn seine Stimmkraft von der Höhe der gezeichneten Kapitaleinlage abhängig ist, wie hier nach jeweils § 16 Nr. 2 GV der Fondsgesellschaften, wissen, wie die Stimmen und damit die Machtverhältnisse in der Gesellschaft verteilt sind, um seine Mitgliedschaftsrechte informiert ausüben zu können. Es macht für die Stellung des die Auskunft begehrenden Gesellschafters gerade einen entscheidenden Unterschied, ob neben ihm nur Kleinanleger oder auch ein oder mehrere Großanleger beteiligt sind. Infolgedessen ist auch die Kenntnis vom Umfang der Beteiligungen der Mitgesellschafter für die informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DS-GVO. Verlangt ein Gesellschafter Auskunft auch zu dem Zweck, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt dies keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar.

Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der DSGVO entgegen. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO etwa hindert die Erfüllung des dargestellten Auskunftsanspruchs nicht. Dem nationalen Gericht obliegt die Prüfung gem. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b bzw. f DSGVO, ob es die notwendige Transparenz unter Gesellschaftern von Personengesellschaftern gewährleistende Maßnahmen gibt, die den Schutz der vertraulichen personenbezogenen Daten der mittelbaren Gesellschafter von Publikumspersonengesellschaften weniger beeinträchtigen als ihre Weitergabe an jeden anderen Gesellschafter, der darum ersucht. Der Kläger hat hier hinreichend dargelegt, dass die von ihm begehrten Auskünfte für die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DS-GVO sind. Das LG hat festgestellt, dass er die Auskünfte verlangt, u.a. um mit seinen Mitgesellschaftern in Kontakt zu treten, um Gesellschafterentscheidungen herbeizuführen und sich generell darüber zu informieren, mit wem er "in einem Boot" sitzt. Er hat damit ausreichend dargetan, dass sein Auskunftsersuchen die durch seine Mitgliedschaft verkörperten Rechte betrifft und der direkte Kontakt zu seinen Mitgesellschaftern zur Ausübung derselben erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DS-GVO ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.04.2025 14:54
Quelle: BGH online

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