EuGH, C 757/22: Schlussanträge des Generalanwalts vom 25.1.2024

Voraussetzungen von Verbandsklagen nach der Datenschutzgrundverordnung

Generalanwalt Richard de la Tour hat seine Schlussanträge in der Rechtssache C‑757/22, Meta Platforms Ireland (Verbandsklage), zu den Voraussetzungen von Verbandsklagen nach der Datenschutzgrundverordnung vorgelegt.

Der Sachverhalt:
Der deutsche Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände erhob vor den deutschen Zivilgerichten eine Unterlassungsklage gegen Meta Platforms Ireland. Das Unternehmen habe seinen Nutzern kostenlose Spiele von Drittanbietern zugänglich gemacht und dabei gegen die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und zum Schutz der Verbraucher verstoßen.

Bereits 2020 ersuchte der BGH den EuGH um Präzisierung der Klagerechte von Verbänden wegen Verstößen gegen die DSGVO.

Mit Urteil vom 28.4.2022 stellte der EuGH fest, dass Verbraucherschutzverbände gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten Verbandsklagen erheben können. Solche Klagen könnten unabhängig von der konkreten Verletzung des Rechts einer betroffenen Person auf den Schutz ihrer Daten und ohne entsprechenden Auftrag erhoben werden.

Der BGH ist der Ansicht, dass für den vorliegenden Fall, in dem eine Verletzung der Informationspflicht des Verantwortlichen hinsichtlich des Zwecks der Datenverarbeitung und der Empfänger der personenbezogenen Daten geltend gemacht werde, noch eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verbandsklage zu klären sei, nämlich dass mit der Klage geltend gemacht wird, dass die Rechte einer betroffenen Person „infolge einer Verarbeitung“ verletzt worden seien.

Generalanwalt Jean Richard de la Tour schlägt in seinen Schlussanträgen von heute dem Gerichtshof vor, dem BGH zu antworten, dass

  • die Bedingung, wonach eine ermächtigte Einrichtung, um eine Verbandsklage … erheben zu können, geltend machen muss, dass ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person aus der DSGVO infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind, voraussetzt, dass diese Einrichtung eine Verarbeitung personenbezogener Daten sowie einen Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und der Verarbeitung behauptet. Die Bedingung ist erfüllt, wenn die Klage im Zusammenhang mit einer Verarbeitung personenbezogener Daten darauf gestützt wird, dass der Verantwortliche [seine] Informationspflicht [über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der Daten] verletzt hat, da eine solche Verletzung die Verarbeitung rechtswidrig machen kann.


Die Gründe:
Der Satzteil „infolge einer Verarbeitung“ bedeutet keineswegs, dass das Recht, dessen Verletzung mit der Verbandsklage festgestellt werden soll, notwendigerweise ein Stadium nach einem Vorgang betreffen muss, der eine „Verarbeitung“ darstellt. Mit anderen Worten ist aus diesem Satzteil keine Anforderung an eine zeitliche Abfolge zu lesen, die voraussetzen würde, dass die Verletzung der Rechte einer betroffenen Person gemäß der DSGVO in einer Phase auftreten müsste, die auf eine solche Verarbeitung folgt.

Es kommt vielmehr darauf an, ob ein Zusammenhang zwischen der Wahrung der fraglichen Rechte und der betreffenden Verarbeitung besteht. Das ist der Fall, wenn eine Verletzung dieser Rechte die Verarbeitung rechtswidrig macht. Die Rechtswidrigkeit der Verarbeitung ergibt sich aus der Verletzung der Informationspflicht. Beide sind untrennbar miteinander verknüpft.

Im vorliegenden Fall spielt es somit keine Rolle, dass der Bundesverband die Verletzung einer Informationspflicht unabhängig davon geltend macht, ob eine betroffene Person im App-Zentrum den Button „Sofort spielen“ drückt oder nicht, da eine solche Pflicht die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der sich aus der Betätigung des Buttons ergebenden Verarbeitung beeinflussen kann und deshalb unbestreitbar einen Zusammenhang mit dieser Verarbeitung aufweist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.01.2024 14:55
Quelle: EuGH PM vom 25.1.2024

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