LG Köln v. 18.8.2022 - 14 O 350/21

Urheberrechtlicher Streit um Fototapete im Internet

Für die Bejahung der Schutzschranke nach § 57 UrhG reicht es aber nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte bietet eine Ferienwohnung zur Miete an. An einer Wand brachte sie die streitgegenständliche Fototapete mit Tulpen an, die sie zuvor vom Kläger erworben hatte. Auf der Internetseite der Beklagten sowie auf mehreren Buchungsportalen, über die die Beklagte ihre Ferienwohnung anbot, waren Fotos eines Zimmers mit der Fototapete eingestellt.

Der Kläger behauptete, die Beklagte habe zu keiner Zeit Nutzungsrechte an den Motiven an Dritte mitveräußert, sondern lediglich eine Fototapete zum Preis von 13,50 € an die Beklagte verkauft. Die auf der Tapete abgebildeten Tulpen hätten auch nicht nur nebensächliche Bedeutung bei der Darstellung des Angebotes der Beklagten. Es sei daher nicht von bloßem Beiwerk i.S.v. § 57 UrhG auszugehen. Er klagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Das LG gab der Klage vollumfänglich statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 97 Abs. 1 S. 1, 15, 16 Abs. 1, 19a UrhG.

Bei den auf der Internetseite des Klägers eingestellten Fotografien handelt es sich um Vervielfältigungsstücke von Lichtbildern. Die deshalb zugunsten des Klägers streitende Vermutung der Urheberschaft aus § 10 Abs. 1 ist von der Beklagten auch nicht erschüttert worden. Durch das Einstellen in ihren eigenen Internetauftritt sowie in die Buchungsportale hatte die Beklagte die Fotografien des Klägers im vorstehenden Sinne öffentlich zugänglich gemacht, was rechtswidrig war. Die Beklagte hat nicht ausreichend vorgetragen geschweige denn bewiesen, dass sie die erforderlichen Nutzungsrechte erworben hatte.

Eine konkludente Rechteeinräumung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, war hier jedoch nicht erfolgt. Beim Verkauf einer Wandtapete an ein Unternehmen ist nicht davon auszugehen, dass von vornherein mehr übertragen werden sollte als eben das Sacheigentum an der verkauften Tapete. Es hätte vielmehr nahegelegen, andernfalls einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen, was mutmaßlich auch einen höheren Preis bedeutet hätte. Die Beklagte konnte auch nicht ausgehen, dass allein aufgrund ihres gewerblichen Charakters jegliche Nutzung der erworbenen Tapete gestattet sein sollte.

Die Beklagte konnte sich auch nicht mit Erfolg auf die Schranke aus § 57 UrhG berufen. Für die Bejahung der Schutzschranke reicht es aber nicht aus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk aus Sicht des objektiven Betrachters in Bezug auf den Hauptgegenstand der Verwertung im Hintergrund steht. Nach dem Wortlaut der Schrankenbestimmung ist vielmehr weitergehend erforderlich, dass das Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand der Wiedergabe unwesentlich ist. Davon ist auszugehen, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele oder ohne dass die Gesamtwirkung des Hauptgegenstands in irgendeiner Weise beeinflusst wird. Und das war hier nicht der Fall. Die Wand mit der Fototapete zieht das Auge des Betrachters an, was bei der weißen Tapete nicht der Fall ist. Die Tapete mit den Tulpenmotiven wird vielmehr vom Betrachter als zum Gesamtkonzept gehörig wahrgenommen, nach dem das Zimmer gestaltet ist.

Die Beklagte handelte letztlich auch schuldhaft. Derjenige, der von fremden Lichtbildern Gebrauch macht, indem er diese in seinem Internetauftritt veröffentlicht, muss sich vergewissern, dass dies mit Erlaubnis des Berechtigten geschieht. Insoweit besteht eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. Da ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten im Urheberrecht ausscheidet, schließt dies eine Überprüfung der Rechtekette mit ein, von der ein etwaiger Lizenzgeber seine behauptete Rechtsposition ableitet. Dass sie sich über den ausreichenden Erwerb der Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Fotografien bei dem Kauf der Fototapete auch nur erkundigt hätte, hat die Beklagte indes nicht vorgetragen.

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Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.02.2023 10:23
Quelle: Justiz NRW

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