Aktuell im ITRB

Digital Services Act: Haftungsprivilegierungen, Überwachung und Blockadeanordnungen (Rössel, ITRB 2023, 12)

Der Digital Services Act (DSA) findet zwar prinzipiell erst in gut einem Jahr Anwendung. Allerdings sind nicht nur einzelne Adressatengruppen mit kurzer Übergangsfrist vorzeitig betroffen, sondern ergeben sich vielfach Fragestellungen zur aktuellen Auswirkung auf geltendes nationales Recht oder der Auslegung von sonstigem Unionsrecht. Der vorliegende erste von drei Beitragsteilen behandelt die Haftungsprivilegierungen der Intermediäre, die automatisierte Filterung von Inhalten sowie Beseitigungs- und Auskunftsanordnungen.


I. Ausgangssituation

II. Überblick

III. Verantwortlichkeit der Vermittler

1. Vermittlereigenschaft

2. Privilegierungsausschluss

3. Haftungsprivilegierungen

4. Überwachung

IV. Beseitigungs- und Auskunftsanordnungen


I. Ausgangssituation

Der Digital Services Act (DSA) ist am 16.11.2022 in Kraft getreten, findet aber grundsätzlich erst ab 17.2.2024 Anwendung. Allerdings haben Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen bereits spätestens bis zum 17.2.2023 und anschließend alle sechs Monate der Kommission die erforderlichen Informationen zur Einordnung als ggf. sehr große Anbieter i.S.v. Art. 33 DSA zur Verfügung zu stellen, da der DSA nach entsprechendem Beschluss der Kommission und anschließender viermonatiger Frist für diese Anbieter vorzeitig gilt.

Nach der Analyse des Vorschlags der Kommission von vor zwei Jahren gilt es nun, die während des Gesetzgebungsverfahrens i.R.d. Trilogs mit Parlament und Rat vorgenommenen vielfältigen Änderungen sowie größeren Ergänzungen z.B. zu Minderjährigenschutz, Dark Patterns und Krisenreaktionsmechanismus näher zu betrachten. Zugleich soll mit der Darlegung der wichtigsten Aspekte sämtlicher Regelungen vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtslage ein flächendeckender Überblick über das Mammutprojekt geboten werden, das letztlich von 106 auf 156 Erwägungsgründe und 74 auf 93 Artikel nochmals angewachsen ist. Vorliegende Darstellung konzentriert sich auf die Veränderungen rund um die herkömmlichen Haftungsprivilegierungen und gerichtlichen Anordnungen. Gegenstand der beiden Folgeausgaben sind die neuen Sorgfaltsanforderungen an die Intermediäre (Teil 2) sowie die besondere Regulierung von BigTech samt Gesamtbewertung des DSA (Teil 3).

II. Überblick

Der DSA gilt für alle Vermittlungsdienste, die eine „wesentliche Verbindung zur Union“ aufweisen, unabhängig davon, wo der Vermittler ansässig ist. Die Querschnittsmaterie der Verantwortlichkeit der Vermittler gem. Artt. 12–15 ECRL wurde aus dieser Richtlinie unter Beibehaltung ihrer übrigen Regelungen wie z.B. zum Herkunftslandprinzip herausgelöst und bei Wahrung der bisherigen gerichtlichen Auslegung weitgehend unverändert in die Artt. 4–6 und 8 des Kap. II des DSA übertragen. Von diesen Haftungsprivilegierungen der Vermittler bleiben weiterhin Beseitigungs- und Unterlassungsanordnungen unberührt. Allerdings wurden Mindestanforderungen zumindest an Beseitigungsanordnungen neben solchen an eine Auskunftserteilung mit Artt. 9, 10 DSA angefügt.

Weitgehend unabhängig von den Vorschriften über die Verantwortlichkeit der Vermittler werden ferner neue Sorgfaltspflichten gegliedert in fünf Abschnitten des Kap. III für jeweils auseinander hervorgehende Gruppen von Diensten festgelegt. Die Basisgruppe bilden dabei die Vermittler entsprechend der Trias der ECRL, bestehend aus „reine Durchleitung“, „Caching“ und „Hosting“. Danach folgen strengere Sonderanforderungen für Hoster. Die dritte Gruppe bilden als (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.01.2023 14:48
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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