Aktuell im ITRB

ERP in der Cloud aus Anwendersicht (Dovas/Intveen, ITRB 2022, 282)

Insb. mittelständische und große Unternehmen setzen standardisierte IT-Systeme ein, deren Herzstück im Regelfall sog. ERP-Software zur umfassenden Integration und Steuerung verschiedener Unternehmensaktivitäten ist. Während diese Software zunächst lokal im Unternehmen betrieben und regelmäßig per Kauf erworben wurde, wird sie inzwischen auch in der Cloud angeboten. Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Betrieb von ERP-Software in der Cloud, und zwar aus Anwendersicht.


1. Ausgangssituation

2. ERP in der Cloud

3. Rechtsnatur eines Cloud-Vertrags als SaaS

4. Standardlösung vs. kundenindividuelle Lösung

a) Anwenderinteressen

b) Anbieterinteressen

c) Ergebnis

5. Verantwortlichkeiten

a) Anwender

b) Anbieter

c) Abgrenzung zwischen On-Premise-Lösung und SaaS

6. Struktur und wesentliche Funktionalitäten eines ERP in der Cloud

7. Wesentliche vertragliche Inhalte eines Cloud-Vertrags über ein ERP

8. Datenschutz und Datensicherheit

a) Datenschutz

b) Datensicherheit

9. Fazit


1. Ausgangssituation

Insb. mittelständische und ganz besonders große Unternehmen setzen heutzutage standardisierte IT-Systeme ein, deren Herzstück im Regelfall sog. ERP-Software (Enterprise Resource Planning Software) ist.

Schon im Schreiben v. 18.11.2005 hatte sich das BMF im Rahmen einer bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebswirtschaftlichen Softwaresystems mit ERP-Software befasst. Danach ist ERP-Software ein Softwaresystem, das zur Optimierung von Geschäftsprozessen eingesetzt und aus verschiedenen Modulen (z.B. Fertigung, Finanzen, Logistik, Personal, Vertrieb) zusammengestellt wird. Wesensmerkmal eines ERP-Systems ist danach die Möglichkeit der umfassenden Integration und Steuerung verschiedener Unternehmensaktivitäten. Zudem soll es sich bei ERP-Software regelmäßig um Standardsoftware und bei entgeltlichem Erwerb um ein aktivierungspflichtiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens handeln, wobei alle Module zusammen wegen ihres einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs ein Softwaresystem (d.h. ein Wirtschaftsgut) bilden.

Die damalige Beurteilung des BMF ging offenkundig davon aus, dass die ERP-Software auf dem jeweiligen IT-System eines Unternehmens, also „vor Ort“, eingesetzt und bei einem entgeltlichen Erwerb – also damals jedenfalls im Regelfall bei einem Kauf -Teil des Anlagevermögens eines Unternehmens wird.

Zwischenzeitlich hat sich allerdings auch eine weitere Variante entwickelt, bei der die ERP-Software von einem Dritten auf dessen IT-Systemen betrieben wird.

2. ERP in der Cloud

ERP-Software soll bestimmte Unternehmensressourcen wie Kapital, Personal, Betriebsmittel, Material sowie Informations- und Kommunikationstechnik im Hinblick auf den Unternehmenszweck möglichst effizient und wirtschaftlich und dabei insb. rechtzeitig und bedarfsgerecht planen, steuern und verwalten.

Von ganz wesentlicher Bedeutung sind dabei die Finanz- und die Materialbedarfsplanung, wobei durch den Einsatz eines ERP-Systems zugunsten des Unternehmens die Möglichkeit gegeben sein soll, sich schneller als andere auf neue geschäftliche Gegebenheiten einzustellen und so einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Gerade im Finanzbereich, bei dem es um die Steigerung des geschäftlichen Mehrwerts, die Förderung der Nachhaltigkeit oder die Steuerung der Digitalisierung geht, muss ein Unternehmen schnell auf Veränderungen reagieren können. Im Rahmen der Materialbedarfsplanung müssen sämtliche für die Herstellung der Erzeugnisse und Komponenten erforderlichen Materialien und personellen Ressourcen an der richtigen Stelle, zur richtigen Zeit und in der erforderlichen Menge zur Verfügung gestellt werden. Auch werden bestimmte weitere betriebswirtschaftliche Funktionen zur Unterstützung des Unternehmensmanagements durch ein ERP-System bereitgestellt.

Typisch für cloudbasierte ERP-Systeme ist es, dass das System eines Unternehmens (Anwender, Auftraggeber) auf dem IT-System eines Dritten (Anbieter, Auftragnehmer) betrieben und in diesem Zusammenhang im Auftrag Daten des Anwenders in der Cloud verarbeitet und/oder gehostet werden. Häufig umfassen Leistungen des Anbieters in diesem Zusammenhang insb. Software as a Service (SaaS) als die Bereitstellung von Software bzw. Funktionen von Software in einer vom Anbieter betriebenen Infrastruktur. Mit SaaS werden dem Unternehmen fertige Anwendungen des Cloud-Providers zur Verfügung gestellt, die im Regelfall auch mandantenfähig sind. Sowohl die technische Infrastruktur als auch etwaige Updates, Upgrades und neue Releases werden bei diesem Service vom Provider bereitgestellt, d.h. der Anwender erhält stets die aktuellste Version der ERP-Software.

3. Rechtsnatur eines Cloud-Vertrags als SaaS

Der Bitkom definiert in seinem Leitfaden Cloud Computing als eine Form der (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.11.2022 15:04
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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