Aktuell im ITRB

Lieferengpässe in der IT-Industrie (Hörl, ITRB 2022, 208)

Die Corona-Pandemie, zudem aktuell Preisexplosionen bei Energie und Rohstoffen, befeuert von kriegsbedingten Wirtschaftssanktionen – eine ganze Reihe von globalen Einflussfaktoren hat die weltweiten IT-Märkte für Hardware durcheinandergebracht. Der Beitrag stellt dar, wie die Beteiligten im Umgang mit IT-Produkten darauf zu reagieren versuchen. Dabei werden technische, kommerzielle und vertragliche Maßnahmen aufgezeigt und bewertet.


1. Wie haben sich die Märkte für IT-Produkte verändert?

a) Extreme Lieferfristen

b) Unzuverlässige Liefertermine

c) Knappe Hardware

d) Explodierende Kosten

e) Außerordentliche Preiserhöhu

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2. Wie wird in der IT-Produktlieferkette auf die Marktveränderungen reagiert?

a) Bevorratung mit Waren

b) Beschaffung mit mehr Vorlaufzeit

c) Ausrichtung der Produktauswahl an der Liefersituation

d) Teillieferungen der Hersteller

e) Vermeidung von Produktanschaffungen

3. Welche Ansätze werden in aktuellen Hardwareverträgen gewählt?

a) Festschreibung von Lieferterminen

b) Pönalisierung des Lieferverzugs

c) Forderung vorrangiger Belieferung

d) Beschränkung oder Ausschluss von Teilmengenlieferungen oder Teilvergütungsansprüchen

e) Möglichst langfristige Preisbindung

f) Vorgezogener Eigentumsübergang


1. Wie haben sich die Märkte für IT-Produkte verändert?

Zu den auffälligsten Veränderungen im IT-Markt gehören die folgenden Aspekte:

a) Extreme Lieferfristen

Die Lieferfristen für fast alle IT-Produkte und Hardwarekomponenten haben sich im Vergleich zu Zeiten bis 2019 stark verlängert. Zahlreiche Standardprodukte vom Computermonitor bis zum Netzwerkswitch, die vom Hersteller früher binnen weniger Tage geliefert werden konnten, haben momentan Lieferzeiten von bis zu 12 Monaten und mehr. Das liegt an fehlenden Teilen und Rohstoffen in der Produktion, an lockdownbedingten Produktionsausfällen ITRB 2022, 209vor allem in chinesischen Fabriken, an gestörten Lieferketten nach und innerhalb von Europa, an weltweit unerwartet hoher Nachfrage und an vielen weiteren Faktoren.

b) Unzuverlässige Liefertermine

Wegen der anhaltenden Störungen im Produktionsprozess und in der Transportlogistik können IT-Hersteller die Liefertermine vor allem für ihre Standardprodukte derzeit kaum verlässlich vorhersehen. Produkte mit angegebener Lieferfrist von 12 Monaten können zwei Wochen nach ihrer Bestellung schon beim Kunden eintreffen, umgekehrt können aus 14 Tagen Lieferzeit im Extremfall mehr als 12 Monate werden, bis der Kunde das bestellte Produkt bekommt.

c) Knappe Hardware

In vielen Hardwarebereichen übersteigt die weltweite Nachfrage das Produktangebot ganz erheblich. Hardware ist im Moment zum knappen Gut geworden, was die Preise treibt.

d) Explodierende Kosten

Transportkosten und Energiekosten sind global stark gestiegen und steigen weiter, was sich auch im Hardwarebereich zusätzlich preistreibend auswirkt.

e) Außerordentliche Preiserhöhungen

Produktpreise werden durch die Hardwarehersteller in ungewöhnlicher Weise angepasst. Viele Jahre lang haben Märkte auf den ungeschriebenen Grundsatz gebaut, dass Speicherplatz und Rechenleistung im Verlauf der Zeit immer günstiger werden und deshalb Preise für Geräte einer bestimmten Leistungsklasse regelmäßig sinken. Dieser Mechanismus ist derzeit fast schon eine Ausnahme, weil die meisten Hersteller ihre Produktpreise seit 2020 signifikant erhöht haben, teils mehrfach in kurzer Folge. Der Preis für ein bestimmtes IT-Produkt sinkt also nicht über die Zeit, sondern steigt vielerorts.

2. Wie wird in der IT-Produktlieferkette auf die Marktveränderungen reagiert?

Bei den marktbeteiligten Herstellern, Händlern und Kunden lassen sich die unterschiedlichsten Reaktionen auf diese Veränderungen bei Lieferfristen, Verfügbarkeit und Preisentwicklung der IT-Produkte beobachten. Einige typische Verhaltensweisen seien nachfolgend samt ihren Auswirkungen auf Märkte und Verträge skizziert. (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.08.2022 17:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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