OLG Köln v. 11.2.2022 - 6 U 84/21

Affiliates: Keine Haftung für Wettbewerbsverstöße auf der Internetseite eines Dritten

Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG regelt eine Haftung des Unternehmensinhabers ohne Entlastungsmöglichkeit. Sie ist identisch mit der Haftung aus § 14 Abs. 7 MarkenG. Durch die Regelung soll verhindert werden, dass ein Prinzipal seine Angestellten vorschiebt, um einer Haftung entgehen zu können.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein Matratzenhersteller und vertreibt ihre Produkte, u.a. die „Bodyguard Anti-Kartell-Matratze", über ihre Website und über einen Shop auf dem B.-Market-Place. Die Beklagten sind Gesellschaften der B.-Gruppe und jeweils in Luxemburg ansässig. In unterschiedlichen Rollen und Aufgabenbereichen sind sie am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „B" - in Deutschland beteiligt. Sie arbeiten u.a. im Rahmen von Partnerprogrammen mit sog. Affiliate-Links. Dabei handelt es sich um Partner-Links, welche die Grundlage für die Abrechnung von Vermittlungsprovision bilden.  

Der Betreiber der Website „www.schlafbook.de" war im September 2019 ein Affiliate-Partner der Beklagten. Die Seite befasste sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen. Sie entsprach zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin und enthielt u.a. ein Ranking der drei vermeintlich besten Matratzen des Jahres 2019 unter der Überschrift „Matratze 2019: Die besten Matratzen im Vergleich".

Den ersten Platz belegte dabei der Überschrift gemäß die „Bodyguard Anti-Kartell-Matratze" der Klägerin. Unmittelbar unter der Überschrift befanden sich jedoch davon abweichend eine Abbildung sowie ein Text zum Produkt „Inofia Matratze". Zudem waren ein grüner Button „Angebot" und ein Button „bei B. kaufen" abgebildet, die wie die Abbildung Verlinkungen unmittelbar zum Angebot der „Inofia-Matratze" auf der Verkaufsplattform B. enthielten. Als zweitplatziert wurde die Matratze „Schlummerparadies", als drittplatziert die Matratze „Irisette Lotus" - diesmal mit zutreffendem Bild und Text - gelistet. Die Abbildung sowie ein Button „bei B. kaufen" enthielten jeweils wiederum Links unmittelbar zum einschlägigen B.-Angebot. Es handelte sich hierbei stets um Affiliate-Links. Am unteren Seitenende sowie im Impressum befand sich jeweils der folgende Hinweis:

„Die Redaktion von schlafbook.de arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von dem wir ggf. eine Vergütung erhalten."

Die Klägerin war der Ansicht, die Werbung auf der Website „schlafbook.de" sei irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Website spiegle durch die redaktionell-informatorische Gestaltung objektive Rankings und Testergebnisse zur Steigerung ihrer Glaubwürdigkeit lediglich vor, um möglichst viele potenzielle Käufer zur Inanspruchnahme der Affiliate-Links zu animieren.

Das LG hat die Unterlassungsklage abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG blieb erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Das LG hat mit Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Klage unbegründet ist, weil der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten nicht besteht.

Die Beklagten haften nicht für die Wettbewerbsverletzung auf der Internetseite schlafbook.de. Allerdings liegt in der Gestaltung der Internetseite www.schlafbook.de eine Wettbewerbsverletzung, weil die Internetseite in irreführender Weise als getarnte Werbung anzusehen ist. Die Beklagten haften allerdings mangels eigener Handlung oder Teilnahmevorsatz nicht als Täter oder Teilnehmer einer Wettbewerbsverletzung. Auch eine Verletzung von Verkehrspflichten, die eine Haftung begründen könnte, kommt nicht in Betracht.

Ebenso scheidet eine Haftung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 UWG aus. Die Vorschrift regelt eine Haftung des Unternehmensinhabers ohne Entlastungsmöglichkeit. Sie ist identisch mit der Haftung aus § 14 Abs. 7 MarkenG . Durch die Regelung soll verhindert werden, dass ein Prinzipal seine Angestellten vorschiebt, um einer Haftung entgehen zu können. Zwar sind die Beklagten Unternehmen i.S.d. der Vorschrift. Unstreitig ist der Betreiber der Internetseite www.schlafbook.de aber kein Mitarbeiter einer der Beklagten. Auch die Haftung der Beklagten für Beauftragte kommt vorliegend nicht in Betracht.

Vorliegend kann offenbleiben, ob den Beklagten die angegriffene Tätigkeit des Webseitenbetreibers zugutekommt. Dies dürfte zwar nach Ansicht des Senats zu bejahen sein, weil die Werbung letztlich allen hier verklagten Unternehmen des B.-Konzerns nützt. So erfüllt die Beklagte zu 1) einen Werbeauftrag, die Beklagte zu 2) kann ihren Umsatz bei Matratzen steigern und die Beklagte zu 3) steigert durch das Werbeprogramm und damit auch durch die angegriffene Werbung die Attraktivität des von ihr betriebenen Online-Marktplatzes. Letztlich fehlt es aber an einer Einbindung der Werbepartner in die Organisation der Beklagten, ohne dass es insoweit einer Differenzierung zwischen den Beklagten bedarf.

Die Beklagte zu )1 bietet für eine Dienstleistung, nämlich die Weiterleitung von einer Internetseite eines Dritten auf die eigene Seite Vertragspartnern des entsprechenden Werbeprogramms ein Entgelt an, wenn aufgrund der Weiterleitung ein Verkauf zustande kommt. Damit übt sie keinen bestimmenden Einfluss aus und muss dies auch nicht tun. Vielmehr beschränkt sich das Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) zu den Werbepartnern auf den reinen Austausch von Leistungen.

Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen, weil eine Abgrenzung zu der Entscheidung „Partnerprogramm“ des BGH v. 7.10.2009 - I ZR 109/06 erforderlich ist und die Entscheidung von der Entscheidung des KG (Beschl. v. 25.10.2019 - 5 W 175/19) abweicht.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.04.2022 15:39
Quelle: Justiz NRW

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