EU-Resolution gegen Massenüberwachung

Am 26.01.2015 hat der Rechtsausschuß des Europarats den  vorläufigen Bericht über eine Resolution gegen Massenüberwachung veröffentlicht.

Verfahrensstand-Anzeiger

Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.

Am 26.01.2015 hat der Rechtsausschuß des Europarats einen vorläufigen Bericht über Massenüberwachung veröffentlicht, einschließlich einer umfangreichen Stellungnahme von Pieter Omtzigt. Der Bericht enthält einen von der Kommission einstimmig angenommenen Resolutionsentwurf.

Demnach sei die parlamentarische Versammlung des Europarates zutiefst besorgt über das Ausmaß der Massenüberwachung, wie sie die Enthüllungen vom ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden aufgezeigt habe. Die derzeitige Überwachungspraxis gefährdeten grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Privatsphäre (Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)), die Meinungsäußerungsfreiheit einschließlich Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK), das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und die Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK), insbesondere, wenn der Nachrichtenverkehr von Anwälten und Seelsorgern abgefangen und die digitale Indizien manipuliert würden. Diese Rechte seien Grundpfeiler der Demokratie. Gegen sie zu verstoßen, ohne daß es gerichtliche Kontrolle gebe, gefährde den Rechtsstaat.

Die Versammlung begrüße Initiativen im US-Kongreß zur Überprüfung bestehender Gesetze, um Mißbrauch zu minimieren, ebenso wie die Entscheidung des Bundestages, den Untersuchungsausschuß zur NSA-Affäre einzusetzen. Ähnliche Aktionen seien in anderen EU-Ländern bislang nicht erfolgt.

Omtzigt erläutert in seinem Bericht, welche weitscheifigen Ausmaße die Massenüberwachung angenommen habe; keine Kommunikationsform sei davon ausgenommen, selbst Bilder zwecks Gesichtserkennung würden millionenfach gesammelt und gespeichert. Durch den regen Informationsaustausch zwischen den nationalen Geheimdiensten könnten diese auch solche Daten erhalten, die sie über ihre eigenen Staatsbürger nicht befugt sind zu sammeln, da umgekehrt für Ausländern oftmals nicht derselbe Rechtsschutze bestehe. Mißbrauch zu terroristischen Zwecken, Wirtschaftsspionage und massive Verstöße gegen die Intimsphäre seien jederzeit möglich, teils bereits Realität.

Eine Überarbeitung der nationalen Gesetzgebungen sei erforderlich, ebenso wie ein völkerrechtlicher Geheimdienstkodex, der konsensuelle Grundregeln aufstelle. Dies betreffe auch die politische Problematik, die entstehe, wenn "Freunde Freunde ausspionieren" und nationaler Rechtsschutz durch Informationsausstausch ausgehebelt werde.

Hansjörg Geiger, ehemaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes, schlug vier Regel für einen solchen Kodex vor:

  1. Keinerlei politische oder Wirtschaftsspionage, da Lauschangriffe auf befreundete Nationen das gegenseitige Vertrauen aushöhle. 
  2. Geheimdienstliche Aktivität auf fremdem Hoheitsgebiet nur mit der Erlaubnis des Staates und nur innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Rahmens, beispielsweise mit dem spezifischen Ziel, Terrorismus vorzubeugen.
  3. Keinerlei Nachverfolgung, Analyse oder Speicherung von unverdächtigen Personen eines befreundeten Staates; nur Daten von legitimerweise ausgewählten Zielpersonen dürften ausnahmsweise für spezifische, individuelle Gründe gesammelt werden. Lägen diese Gründe nicht vor, müßten alle Daten sofortig gelöscht oder vernichtet werden.
  4. Telekommunikations- und Internetfirmen dürften von Geheimdiensten nicht gezwungen werden, ungefilterten Zugang zu ihren Datenbanken voller personenbezogenen Daten zu erteilen. Diese Möglichkeit solle nur per Gerichtsbeschluß eröffnet werden.

Omtzigt schließt seinen Bericht mit der Feststellung, daß Massenüberwachung terroristische Anschläge und das organisierte Verbrauchen nicht effektiv bekämpft habe, verglichen mit traditionellen Überwachungsmethoden, dafür aber viele Ressourcen für Letztere abgezogen habe. Sicherheitslücken in Datensammlungen könnten von Schurkenstaaten, Terroristen, Cyberterroristen und gewöhnlichen Verbrechern ausgenutzt werden und erheblichen gesellschaftlichen Schaden damit anrichten. Der Schutz der Privatsphäre und die nationale Sicherheit sei kein Widerspruch; vielmehr seien Datenschutz und Sicherung des Internets Garant für unsere Sicherheit.

 

Autorin: Dipl.-Psych. Alica Mohnert, LL.M. (CUPL)

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EU-Resolution Massenüberwachung v. 26.01.2015



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.04.2021 16:52

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