Gesetz zum Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG-E)

Am 9.11.2016 wurde das DigiNetzG im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. 

Verfahrensstand-Anzeiger

Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.

Am 23.9.2016 stimmte der Bundesrat dem vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf zu.

Text der Vorversion(en):


Am 7.7.2016 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf nach Maßgabe der Beschlussempfehlungen angenommen.


Am 6.7.2016 veröffentlichte der Bundestag den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum DigiNetzG-Entwurf. Die, an die Bundesregierung gerichtete, Aufforderung umfasst u.a. die folgenden Punkte:

  • die mit der Umsetzung des Gesetzes verbundenen Kosten für Länder, Kommunen und Versorgungsunternehmen sollen klarer spezifiziert und so auszugestaltet werden, dass die Telekommunikationsunternehmen ausdrücklich zum Ersatz sämtlicher Erschwerniskosten verpflichtet werden, die im Zusammenhang mit Mitnutzungen entstehen. 
  • die Definition des Begriffs "digitales Hochgeschwindigkeitsnetz" in § 3a Nr. 7a soll an die EU-Vorgaben angepasst und die Schwelle von 30 Mbit/s als Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Mitnutzung nicht angehoben werden. 
  • die realistische Berechnung der erwartbaren Kostenreduktion, die darauf basiert, in welchem Ausmaß die bisher nicht mit mindestens 50 Mbit/s versorgten Gebiete durch Mitverlegung erschlossen werden könnten.
  • die Einführung einer Verpflichtung wonach geplante, öffentlich finanzierte Bauarbeiten grundsätzlich proaktiv an eine zentrale Stelle zu melden bzw. zu veröffentlichen sind
  • die Verfügbarkeit von Vorleistungsangeboten der Netzbetreiber aus der Liste.
  • die Entwicklung einer über 2018 hinausgehenden Breitbandstrategie, in deren Rahmen 75% der Haushalte bis 2021 mit Glasfaseranschlüssen versorgt und die restlichen
    25% mit mindestens 50 Mbit/s angeschlossen sind.

Beatrice Goihl, ecambria experts - Köln


Am 5.7.2016 veröffentlichte der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur seine Empfehlungen zum DigiNetzG-Entwurf.

Die vorgeschlagenen Änderungen greifen im Wesentlichen die in der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des DigiNetzG vom 18.3.2016 aufgeführten Änderungsbedarfe im Lichte der Gegenäußerung der Bundesregierung vom 4. 5.2016 unter Berücksichtigung der Belange der Versorgungsnetzbetreiber.


Am 4.5.2016 veröffentlichte die Bundesregierung den neuen Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG).

Die Bundesregierung teilt mit, dass sie, in den im Rahmen der Stellungnahme des Bundesrates angesprochenen Punkten, dessen Auffassung im Wesentlichen nicht teilt. Insbesondere hinsichtlich des bundeseinheitlichen Genehmigungsverfahrens bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, dass es an der dafür erforderlichen Gesetzgebungskompetenz fehle.


Am 18.3.2016 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zum DigiNetzG.

Der Bundesrat weist entsprechend der Stellungnahme der Ausschüsse darauf hin, dass die Kosten (vor allem betreffend der Straßenbauverwaltungen der Kommunen und Länder) bislang nicht hinreichend spezifiziert seien und folgt der Empfehlung der Ausschüsse auch im Hinblick auf die Umsetzung des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2014/61/EU vom 15. Mai 2014 in eigener Zuständigkeit.

Am 7.3.2016 haben die Ausschüsse ihre Empfehlungen zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) veröffentlicht.

Kosten für Länder und Kommunen

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren in Abstimmung mit den Ländern nachvollziehbare und detaillierte Einschätzung der zu erwartenden Kosten für Länder und Kommunen - insbesondere im Bereich des Straßenbaus - vorzulegen, da diese im bisherigen Entwurf nicht hinreichend spezifiziert seien. In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung auch dazu aufgefordert, Regelungen dafür zu schaffen, dass diese zu erwartenden Kosten nicht von den Ländern alleine getragen werden müssen.

Bundeseinheitliches Genehmigungsverfahren für Vorhaben

Daneben empfiehlt der Bundesrat der Bundesregierung im weiteren Gesetzgebungsverfahren Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2014/61/EU vom 15. Mai 2014 in eigener Zuständigkeit umzusetzen und teilt insoweit nicht die Ansicht der Bundesregierung, dass es an der hierfür erforderlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes mangle.

Die Gesetzgebungskompetenz ergebe sich aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG, da es sich um generelle Regelungen mit der Zielrichtung, die Kosten des Ausbaus der Telekommunikationsinfrastruktur zu reduzieren, handle. Darüber hinaus sei auch aus Gründen der Effizienz und Verwaltungsökonomie sowie im Interesse der Telekommunikationsanbieter eine Bundesregelung zur Sicherstellung der Einheitlichkeit der Verfahren geboten.

Beatrice Goihl, ecambria experts - Köln


Am 5.2.2016 wurde der Entwurf der Bundesregierung zu dem Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) veröffentlicht.

Art und Umfang der Mitnutzung

Der Gesetzesentwurf sieht u.a. Regelungen zur Benutzung öffentlicher Wege zum Ausbau des Breitbandnetzes sowie zu Art und Umfangs des Mitnutzungsanspruchs öffentlicher Versorgungsnetze vor. 

Mitnutzung kann bei Gefahren abgelehnt werden

Die von den einzelnen Verbänden geäußerten Bedenken wurden dahingehend umgesetzt, dass eine Mitnutzung unter gewissen Voraussetzungen (insbesondere Gefährdung der Gesundheit, öffentlicher Sicherheit) abgelehnt werden kann.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) äußerte sich bereits und hebt besonders die Verpflichtung zur Koordinierung und (Tief-)Bauarbeiten, sowie die Vorschrift zur verpflichtenden Mitverlegung von Glasfaserkabel bei der Erschließung von Neubaugebieten positiv hervor. 

Beatrice Goihl, ecambria experts - Köln


Am 11.9.2015 hat das Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) vorgestellt.

Das Gesetz dient der Umsetzung der "EUKostensenkungsrichtlinie" (2014/61/EU), die bis zum 1.1.2016 in nationales Recht umgesetzt werden soll. Der Entwurf wurde den betroffenen Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt. 

Die Verbände sind sich einig, dass die Verbesserung der Breitbandversorgung grundsätzlich eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe ist, die eine bedeutende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsländer der europäischen Union spielt und deswegen vorangetrieben und gefördert werden muss, äußern aber Bedenken hinsichtlich der geplanten rechtlichen Rahmenbedingungen. 

DVGW

Am 09.10.2015 veröffentlichte der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) seine Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG).

Der DVGW begrüßt, dass die Nutzung von Trinkwasserleitungen im aktuellen Gesetzentwurf zum Breitbandausbau bereits ausgenommen wurde. Gleiches müsse aber im Hinblick auf Gasleitungen gelten. 

Aus Sicht des DVGW könnte die verpflichtende Mitverlegung von Breitbandkabeln in Leitungsrohren von in Betrieb befindlichen Gasleitungen zu einer nachhaltigen Gefährdung der Gasversorgung führen, da sich erhebliche Auswirkungen auf Betriebs-, Überwachungs-, Entstörungs- und Spülungsmaßnahmen ergeben könnten.

Das Risiko ist dem DVGW zufolge nicht einschätzbar.

DWA

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) äußert sich in ihrer Stellungnahme vom 03.09.2015 dahingehend, dass der Entwurf die Telekommunikationsnetzbetreiber bevorteilen und dabei nicht berücksichtigen würde, dass die Pflicht zur gefahrlosen Abwasserbeseitigung durch Einbauten Dritter in den Abwasserkanälen in Folge der Umsetzung des DigiNetzG nicht beeinträchtigt werden darf. 

Außerdem sie im Gesetzentwurf die Bundesnetzagentur als Stelle sowohl für die Umsetzung des DigiNetzG als auch für die Streitbeilegung vorgesehen, obgleich dieser, dem DWA zufolge, das sektorspezifische Fachwissen zwar hinsichtlich des Bereichs Telekommunikation vorliegt, nicht hingegen hinsichtlich der Daseinsvorsorgeleistung "Abwasserbeseitigung". 

BREKO

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) äußerte sich in einer Pressemitteilung positiv zu der vorgesehenen Koordinierung und Transparenz von Bauarbeiten, sowie zu der Verpflichtung ab dem 01.01.2017 alle Neubauten mit hochgeschwindigkeitsfähiger, gebäudeinterner Infrastruktur auszustatten. 

Kritisch sieht der BREKO , dass sich die durch die Gesetzesänderung ergebende Zugangsverpflichtung zu bestehenden und für den Breitbandausbau nutzbaren Telekommunikationsinfrastrukturen (zum Beispiel Leerrohre, Masten oder Verteilerkästen) auch kontraproduktiv auswirken könnte, weil freiwillige Kooperationen und Open-Access-Modelle durch den dann bestehenden Rechtsanspruch möglicherweise erschwert werden könnten.

Beatrice Goihl, ecambria experts - Köln


Am 23.5.2014 wurde die Richtlinie 2014/61/EU  des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation  im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Schuster/Kubach/Ruhle, "Die EU-Richtlinie zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Breitbandnetzen", CR 2014, 436-442, zeichnen zunächst die Hintergründe auf, auf welche die neue Richtlinie trifft, und analysieren sodann den zu erwartenden Umsetzungsbedarf und die Praktikabilität dieser neuen europarechtlichen Vorgaben.

Die Mitgliedstaaten sind angehalten  bis zum 1.1.2016 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, zu erlassen. Die Maßnahmen sollen ab dem 1.7.2016 angewendet werden. 

Am 22.4.2014 hat der Europäische Rat die Richtlinie über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation angenommen.

Der Rat nahm die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments und der Kommission ohne weiteres an.

Am 15.4.2014 hat das Europäische Parlament nach Beratungen mit der Europäischen Kommission im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens seinen Standpunkt zum Vorschlag für eine Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation COM (2013) 147 - C7-0082/2013 - 2013/0080 (COD) kundgegeben.

Gesetzgeberischer Ansatz

Das Europäische Parlament änderte vor dem Hintergrund der Stellungnahmen der beteiligten Institutionen den Vorschlag von einer Verordnung in eine Richtlinie, um die Durchgriffsintensität zu verringern und dem Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip Rechnung zu tragen.

Wesentliche Änderungen innerhalb der Richtlinie im Vergleich zur vorgeschlagenen Verordnung

Es wurde beschlossen Netze, die für die Versorgung mit Wasser für den  menschlichen Gebrauch im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie 98/83/EG genutzt werden (Trinkwasser), vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen.

Autoren: Sylvia F. Jakob, LL.M (Edinburgh), Institut für Rechtsinformatik, Hannover;  Jan A. Linxweiler,  Stud. Jur., Institut für Rechtsinformatik, Hannover


Am 4.7.2013 hat der Ausschuss der Regionen seine Stellungnahme zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation COM (2013) 147 abgegeben.

Der Ausschuss der Regionen begrüßt den Vorstoß der Europäischen Kommission und die angedachte Umsetzung vollumfänglich.

Autor: Sylvia F. Jakob, LL.M (Edinburgh), Institut für Rechtsinformatik, Hannover


Am 28.6.2013 hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss der Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen und Informationsgesellschaft seine Stellungnahme  zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation COM (2013) 147 abgegeben.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss erachtet den universellen Zugang zu Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation als unabdinglich für die Förderung von Wachstum, Beschäfti­gung und Zusammenhalt in Europa. Er begrüßt daher das Vorhaben der vorgeschlagenen Verordnung als wichtige Voraussetzung für die Überbrückung der digitalen Kluft und den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten.

Die Kommission sollte zudem Überlegungen anstellen, wie der Zugang zum Hochgeschwindig­keits-Breitband als universelles Recht aller Bürger unabhängig von ihrem Aufenthaltsort ver­ankert werden könne.

Neue Geschäftsmöglichkeiten

Wesentliche Schlussfolgerung des Ausschusses war, dass die vorgeschlagene Verordnung neue Geschäftsmöglichkeiten für Versorgungsunternehmen und Verkehrsdienste im Breitbandinfrastrukturmarkt eröffnen werde. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten diese Unternehmen gezielt ermutigen, diese Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen. So könnten  Infrastruktureigentümern, die keine Telekommunikationsunternehmen seien, - also bspw. Energie-, Wasserversorgungs-, Verkehrs- und Abfallent­sorgungsunternehmen -ihre Infrastruktur zu Marktbedingungen für die Bereit­stellung von Breitbanddiensten zur Verfügung zu stellen und so die wesentlichen Kosten senken, und bei der Weiterent­wicklung ihrer Kerndienstleistungen, bspw. dem Ausbau von intelligenten Netzen für Ener­gieversorger, Synergien erzielen.

Der Ausschussgeht des Weiteren davon aus, dass neben umfangreichen privatwirtschaftlichen Ausbau noch schätzungsweise bis zu 60 Mrd. EUR öffentliche Mittel bereitgestellt werden müssen, um die Ziele der digitalen Agenda für 2020 zu erreichen. Er fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diesen kritischen Finanzierungsbedarf in den Haushalten zu berücksichtigen.

Am 3.5.2013 hat der Bundesrat seine Empfehlungen zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation COM (2013) 147 ausgesprochen.

Insgesamt wird der Entwurf der Europäischen Kommission kritisch betrachtet, und sowohl in seiner momentanen Ausgestaltung als Verordnung als auch in einer Ausgestaltung als Richtlinie abgelehnt. Die Mitgliedstaaten seien in der Lage die Mitnutzung vorhandener Infrastrukturen für unterschiedliche Dienste durch entsprechende nationale Regelungen zu erreichen. So seien bereits im geltenden Telekommunikationsgesetz (TKG) Vorschriften zur Transparenz über vorhandene Infrastrukturen (§ 77a Absatz 3 TKG), über die Mitnutzung alternativer Infrastrukturen (§ 77b ff. TKG) und  über den Zugang zu Gebäuden und Inhouseverkabelungen (§ 77a Absatz 1 TKG) enthalten.

Im Einzelnen führt der Bundesrat u.a. folgende Kritikpunkte an:

1. Erheblicher, unnötiger bürokratischer Mehraufwand

Mit  der Schaffung von unmittelbar geltenden Rechten und Pflichten für Telekommunikations-unternehmen,  würden weitere Wirtschaftsunternehmen, insbesondere solche der kommunalen Daseinsvorsorge, unangemessen belastet.

 Zu verzichten sei insbesondere auf: 

 -          die zentrale Informationsstelle

-          die nationale Streitbeilegungsstelle

-          ein gesondertes Baugenehmigungsverfahren

   2.   Unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsrechte der Hauseigentümer

 Die Verpflichtung zur Ausstattung neu errichteter oder umfassend renovierter Gebäude mit hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen physischen Infrastrukturen sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsrechte der Hauseigentümer und überschreite die rechtlichen Grenzen des Bauordnungsrechts. Letzteres fuße lediglich auf Mindestmaßnahmen, die aus öffentlich-rechtlicher Sicht zwingend erschienen. Maßnahmen zur Herstellung eines "Qualitätsstandards", zum Beispiel die zwingende Versorgung mit bestimmten Einrichtungen oder Dienstleistungen wie Telefon, Fernsehen, Rundfunk oder Innenverkabelung für Breitbandnetze) seien nicht Gegenstand des Bauordnungsrechts, das der Gefahrenabwehr diene.  

Autoren: Sylvia F. Jakob, LL.M (Edinburgh), Institut für Rechtsinformatik, Hannover;  Jan A. Linxweiler, Stud. Jur. Institut für Rechtsinformatik, Hannover


Am 26.3.2013 hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Verordnung über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation vorgelegt.

Zielsetzung

Mit dem  Verordnungsvorschlag  will die Europäische Kommission die  Ziele der "Digitalen Agenda für Europa" verwirklichen. Darunter fällt vor allem die Versorgung aller Europäer mit einer Internetzugangsgeschwindigkeit von mindestens 30Mbits/s, bzw. 100 Mbits/s für mindestens 50 % aller Europäer bis zum Jahr 2020.

Hintergrund

Diese Zielsetzung könne besser erreicht werden, wenn die, im Rahmen des für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsinfrastrukturen erfolgende Hoch- und Tiefbaukosten, gesenkt würden. Diese Arbeiten würden bis zu 80% des jeweiligen Netzausbauprojektes einnehmen. Die Nutzung  bestehender passiver Infrastrukturen, wie sie für Verkehrsdienste oder Erzeugungs-, Leitungs- oder Verteilungsdienste z.B. Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme bereitgestellt werden, hingegen könne eine Kostenersparnis von bis zu 30% einbringen.

Jedoch bestehe bei den zur Nutzung vorgeschlagenen Infrastrukturen aufgrund mangelnder Koordination der Mitgliedstaaten erhöhter Regelungsbedarf. Insbesondere die unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, welche trotz der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen (RRL) für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bestünden, behinderten die Zusammenarbeit von Versorgungsunternehmen und den Markteintritt in diesem Zusammenhang stark.

Gesetzgeberischer Ansatz

Die Europäische Kommission wählte innerhalb ihrer Politikoptionen die Verordnung als Regelungsinstrument. Hintergrund sei die höhere Effektivität im Hinblick auf die Kostensenkung. Die Europäische Kommission will nach eigenen Angaben eine zusätzliche Umsetzungsfrist ebenso wie die differenzierte Ausgestaltung innerhalb nationaler Umsetzungsgesetze umgehen. Die direkt wirkende Verordnung vermeide Fragmentierung und sei ziel- und ergebnisorientierter.

Dabei stützt sich der Vorschlag der Europäischen Kommission auf die Artikel 114 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Gegenüber  bereits erlassenen Richtlinien im unmittelbar angerenzenden Regelungsbereich, wie der Rahmenrichtlinie, sowie spezielleren Ausgestaltungen in nationalen Gesetzgebungen soll die Verordnung subsidiär sein.

Ausgestaltung der Verordnung

Die konkrete Ausgestaltung der Verordnung befasst sich im Wesentlichen mit den nachfolgenden fünf Themenbereichen.

1. Begriffsbestimmungen (Art. 2)

Zentraler Begriff der Richtlinie sind die "physischen Infrastrukturen", welche die "nichtaktiven" Komponenten eines Netzes beschreiben und etwa für Verkehrsdienste oder Erzeugungs-, Leitungs- oder Verteilungsdienste für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme bereitgestellt werden. Diese umfassen auch die Leitungen innerhalb eines Gebäudes. Daher erfasst der Begriff "umfangreiche Renovierung" die strukturelle Veränderung in der gebäudeinternen physischen Infrastruktur.

Dem gegenüber gibt es auch noch die elektronischen Kommunikationsnetze. Betreiber der einen wie der anderen Art von Netzen werden als "Netzbetreiber" definiert.

2. Mitnutzung bestehender physischer Infrastruktur (Art. 3)

Die Europäische Kommission will den Telekommunikationsnetzbetreibern (TK-Netzbetreibern) unter fairen Bedingungen und Preisen den Zugang zu den bestehenden physischen Infrastrukturen verschaffen. Hierfür soll lediglich ein schriftlicher Antrag seitens des TK-Netzbetreibers beim Netzbetreiber nötig sein.

3. Zentrale Informations- und Streitbeilegungsstelle (Art. 4)

Zudem sollen eine Zentrale Informationsstelle und eine Streitbeilegungsstelle ins Leben gerufen werden. Erstere soll den  involvierten Parteien im Rahmen sinnvoller und legitimer Betriebs- und Geschäftspraxis Mindestinformationen über Standort, Leistungswege, geographische Koordination, Zustand und Nutzung der bestehenden Infrastrukturen übermitteln. Des Weiteren koordiniert sie die nötigen Genehmigungsverfahren für Unternehmen, die Bauarbeiten für den Aufbau der Komponenten von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation planen.

Die Streitbeilegungsstelle hingegen soll in Bezug auf die in dieser Verordnung veranschlagten Rechte und Pflichte verbindliche Entscheidungen treffen könnent; das Recht aller Parteien, ein Gericht mit dem Fall zu befassen, bleibt aber unberührt.

 4. Bauarbeiten (Art. 5-6)

Der Vorschlag der Europäischen Kommission verpflichtet die Netzbetreiber hinsichtlich Bauarbeiten, welche durch öffentliche Mittel zumindest unterstützt  werden,  zumutbaren Anträgen auf Koordination der Bauarbeiten im Sinne des Art. 5 Abs. der Verordnung stattzugeben. Kriterien für die Zumutbarkeit seien dabei das Fehlen zusätzlicher Kosten sowie die Einreichung des Antrags spätestens einen Monat vor Einreichung des endgültigen Projektantrages.

5. Anschluss von Gebäuden (Art. 7-8)

Zunächst konstituiert die Europäische Kommission eine Pflicht zur Ausstattung von neu gebauten oder "umfangreich renovierten" Gebäuden mit einer "hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen physischen Infrastruktur". Die benannte Ausstattung erfolge bis zu den Netzabschluss- oder in Mehrfamilienhäusern zu den Konzentrationspunkten.

Ferner seien TK-Netzbetreiber dazu berechtigt, bei bestehender physischer Infrastruktur auf eigene Kosten einen Netzanschluss am Konzentrationspunkt in oder außerhalb des Gebäudes vorzunehmen. Selbiges Recht stünde ihnen auch bei Fehlen einer physikalischen Infrastruktur zu, wenn dabei der Eingriff in das Eigentum minimal gehalten würde.

Grundlegende Änderungen zur bestehenden Rechtslage

Bisher konnten die nationalen Regulierungsbehörden unter bestimmten Umständen TK - Netzbetreiber mit marktbeherrschender Stellung dazu verpflichten, Zugang zu nicht aktiven Netzkomponenten zu gewähren. Künftig sollen alle Infrastrukturbetreiber, d.h. auch nicht - TK - Netzbetreiber einen solchen Zugang grundsätzlich  gewähren müssen, unabhängig davon, ob sie eine marktbeherrschende Stellung einnehmen oder nicht.

Des Weiteren  konnten die Behörden selbst entscheiden, ob sie ein Verzeichnis über die "Art, Verfügbarkeit und geo-grafische Lage" von Netzbestandteilen und dazugehörigen Einrichtungen führen wollten oder nicht. Sollte die Verordnung so in Kraft treten,  müssen sie jedoch ein solches Verzeichnis führen.

Autoren: Sylvia F. Jakob, LL.M (Edinburgh), Institut für Rechtsinformatik, Hannover;  Jan A. Linxweiler,  Stud. Jur., Institut für Rechtsinformatik, Hannover



2016-11: BGBl. 2016 Teil I Nr. 52, vom 9.11.2016

2016-9: Zustimmung des Bundesrates, Drs.: 466/16 (B)

2016-7: Gesetzesbeschluss des Bundestages v. 7.7.2016, Drs. 466/16

2016-7: Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90 v. 6.7.2016, Drs.:18/9070

2016-7: Empfehlungen des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur v. 5.7.2016, Drs.: 18/9023

2016-5: Gesetzentwurf der Bundesregierung (DigiNetzG) v.4.5.2016, Drs.:18/8332

2016-3: Stellungnahme des Bundesrates v. 18.3.2016, Drs. 71/16(B)

2016-3: Empfehlungen der Ausschüsse v. 7.3.2016, Drs.:71/1/16

2016-2: Gesetzesentwurf der Bundesregierung (DigiNetzG-E) v. 5.2.2016, Drs.: 71/16

2014-5: Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten

2014-4: Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten, 2013/0080 (COD)

2013-7: Stellungnahme des Ausschusses der Regionen v. 4.7.2013, 2013/C 280/10

2013-6: Stellungnahme der Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft v. 28.6.2013, TEN/519

2013-5: Beschluss des Bundesrates v. 3.5.2013, Drs.: 240/13

Verordnungsvorschlag der EU-Kommission



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.12.2016 20:58

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