OLG Frankfurt a.M. v. 17.12.2021 - 6 WF 147/21

Herabwürdigende Äußerungen bei Facebook kein Verstoß gegen Kontaktaufnahmeverbot

Herabwürdigende Äußerungen über den Inhaber eines Vollstreckungstitels in einem Facebook-Account stellen keine Verstöße gegen ein Kontaktaufnahmeverbot i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GewSchG dar, die mit Ordnungsmitteln sanktioniert werden können. Die Äußerung, es dem Inhaber eines Vollstreckungstitels „gewaltig heimzuzahlen“, stellt keine Drohung i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG dar und kann ebenfalls nicht mit Ordnungsmitteln belegt werden.

Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist die ehemalige Mieterin der Antragsteller. Das Mietverhältnis endete im Streit. Mit Beschluss vom 19.5.2021 hatte das AG der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung im schriftlichen Verfahren bis 18.11.2021 untersagt, sich der Wohnung der Antragsteller bis auf eine Entfernung von 20 Metern zu nähern, Verbindung zu den Antragstellern auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen, ein Zusammentreffen mit den Antragstellern herbeizuführen und die Antragsteller zu bedrohen, zu verletzen oder sonst körperlich zu misshandeln.

Im August 2021 stellte die Antragsgegnerin auf ihrer Facebook- bzw. Instagramseite Kommentare ein, in denen verschiedene Namen aufgezählt worden waren. Außerdem stand dort: „Irgendwann ist Zahltag. Jeder bekommt das, was er verdient. Die einen früher und die anderen später. Dumme Scheiße Labbern aber nie etwas Schriftlich darlegen können, im Gegensatz zu mir!!! Ich werde Euch jede Lüge so gewaltig heimzahlen!!!“ In weiteren Posts warf sie den Antragstellern Lügen und Betrug vor.

Auf Antrag der Antragsteller hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss nach Anhörung der Antragsgegnerin, die mit Schreiben vom 11.10.2021 zum Antrag Stellung genommen hatte, gegen diese wegen Zuwiderhandlungen gegen die Untersagungsanordnung ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 5 Tagen verhängt. Mit ihrer sofortigen Beschwerde machte die Antragsgegnerin geltend, dass sich aus dem Beschluss nicht ergebe, was sie konkret gemacht haben solle. Nur zwei Daten hinzuschreiben, reiche nicht aus.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Antragsteller hätten durch Vorlage zahlreicher Ausdrucke von Veröffentlichungen auf der Internetplattform „Facebook“ dargelegt, dass die Antragsgegnerin Bedrohungen ihnen gegenüber ausgesprochen habe. Die als Rechtfertigung vorgebrachten Äußerungen der Antragsgegnerin überzeugten hingegen nicht. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das OLG die Entscheidung abgeändert und den Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgelds zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das AG hat zu Unrecht angenommen, dass die Antragsgegnerin gegen die Untersagungsanordnung verstoßen hatte. Zwar führt der Umstand, dass der amtsgerichtliche Beschluss keine Begründung enthält, nicht zwangsläufig zu dessen Aufhebung. Denn ein entgegen § 38 FamFG nicht mit Gründen versehener Beschluss ist grundsätzlich wirksam. Es liegt vielmehr ein mit dem statthaften Rechtsmittel geltend zu machender Verfahrensfehler vor, der im Beschwerdeverfahren durch Nachholung der Begründung geheilt werden kann. Der von den Antragstellern vorgetragene Sachverhalt rechtfertigte allerdings die Verhängung eines Ordnungsgelds nicht, so dass der Beschluss aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen war.

Die von der Antragsgegnerin veröffentlichten Posts mit Beschimpfungen der Antragsteller waren zwar inakzeptabel, sie stellten aber keinen Verstoß gegen die erlassene Gewaltschutzverfügung dar. Herabwürdigende Äußerungen über den Inhaber eines Vollstreckungstitels in einem Facebook-Account stellen keine Verstöße gegen ein Kontaktaufnahmeverbot i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GewSchG dar, die mit Ordnungsmitteln sanktioniert werden können. Die Äußerung, es dem Inhaber eines Vollstreckungstitels „gewaltig heimzuzahlen“, stellt keine Drohung i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG dar und kann ebenfalls nicht mit Ordnungsmitteln belegt werden.  Einer Verletzung anderer durch § 823 Abs. 1 und 2 BGB geschützter Rechtsgüter, die nicht dem Gewaltschutzgesetz unterfallen, kann nur mit deliktischen Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüchen außerhalb des Gewaltschutzgesetzes begegnet werden.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.01.2022 17:18
Quelle: LaReDa Hessen

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