BGH v. 29.6.2021 - XI ZR 19/20

Zur Angabe des Sollzinssatzes für Überziehungskredite auf der Internetseite einer Bank "in auffallender Weise"

Das Merkmal "in auffallender Weise" in Art. 247a Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist dahin auszulegen, dass der Sollzinssatz in den nach Abs. 1 dieser Vorschrift geschuldeten Informationen über Entgelte und Auslagen gegenüber den weiteren in den Informationen enthaltenen Angaben hervorzuheben ist. Die Gesetzesmaterialien unterstützen das Ergebnis der am Wortlaut orientierten Auslegung.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank betreibt eine Internetseite, auf der sie es Verbrauchern ermöglicht, online ein Girokonto zu eröffnen. Auf der Internetseite konnten unter dem Reiter "Konten & Karten" die Konditionen zu dem von der Beklagten angebotenen Girokonto in tabellarischer Form (nachfolgend: Konditionsangaben) eingesehen werden. In der Tabelle wurden u.a. die Sollzinssätze für Überziehungen angegeben. Auf der Internetseite ist darüber hinaus der Preisaushang der Beklagten abrufbar. In diesem wurden unter dem Punkt "Privatkonten" im Zusammenhang mit dem von der Beklagten angebotenen Girokonto ebenfalls Angaben zu den Sollzinssätzen für Überziehungen gemacht.

Nach Ansicht des Klägers waren die Sollzinssätze in den Konditionsangaben und in dem Preisaushang nicht nach Art. 247a § 2 Abs. 2 EGBGB in auffallender Art und Weise angegeben. Der Kläger forderte deshalb, dass es die Beklagte bei Meidung von Ordnungsmitteln unterlässt, gegenüber Verbrauchern auf ihrer Internetseite, auf der sie es ermöglicht, ein Girokonto online zu eröffnen, Angaben über die Sollzinsätze für eingeräumte und geduldete Überziehungsmöglichkeiten in den Konditionsangaben und/oder in dem Preisaushang wie dargestellt zu machen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1e), § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG i.V.m. Art. 247a § 2 Abs. 2 und 3 EGBGB einen Anspruch auf Unterlassung, gegenüber Verbrauchern die Sollzinssätze für eingeräumte Überziehungsmöglichkeiten (§ 504 BGB) und für geduldete Überziehungen (§ 505 BGB) in den Konditionsangaben und in dem Preisaushang auf der von ihr betriebenen Internetseite wie geschehen darzustellen.

Nach Art. 247a § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist der Sollzinssatz in den nach Abs. 1 dieser Vorschrift zur Verfügung zu stellenden Informationen über Entgelte und Auslagen für die Einräumung von Überziehungsmöglichkeiten klar, eindeutig und in auffallender Weise anzugeben. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass der Sollzinssatz in entsprechender Weise auch im Internetauftritt des Unternehmers anzugeben ist, wenn dieser, wie hier, über einen solchen Auftritt verfügt. Gleiches gilt für die Angabe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen (Art. 247a § 2 Abs. 3 EGBGB). Das Merkmal "in auffallender Weise" ist dahin auszulegen, dass der Sollzinssatz in den nach Abs. 1 dieser Vorschrift geschuldeten Informationen über Entgelte und Auslagen gegenüber den weiteren in den Informationen enthaltenen Angaben hervorzuheben ist.

Die Gesetzesmaterialien unterstützen das Ergebnis der am Wortlaut orientierten Auslegung. Soweit es in diesen (BT-Drucks. 18/5922, S. 110) heißt, dass die Angabe nicht lediglich im Kleingedruckten oder in einer Fußnote enthalten sein dürfe, leitet die Revision hieraus unzutreffend ab, dass es dem Gesetzgeber nur darum gegangen sei, sicherzustellen, dass der Verbraucher (auch) den Sollzinssatz leicht und übersichtlich wahrnehmen könne. Zudem erfordert auch der mit der Regelung des Art. 247a § 2 EGBGB verfolgte Zweck, Verbrauchern einen besseren Vergleich der Angebote über Dispositionskredite zu ermöglichen, dass der Sollzinssatz so angegeben wird, dass er die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf sich zieht. Der Sollzinssatz stellt den Preis für die Inanspruchnahme eines Überziehungskredits durch den Verbraucher dar. Anlass für die Schaffung der Vorschrift war die fehlende Transparenz bei den Angeboten von Überziehungskrediten.

Gemessen an dem vorstehenden Maßstab hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Sollzinssätze auf der Internetseite der Beklagten in den Konditionsangaben und in dem Preisaushang nicht in auffallender Weise angegeben sind. Die Höhe der Sollzinssätze ist in beiden Fällen in keinerlei Hinsicht optisch oder sonst wahrnehmungsfähig gegenüber den weiteren Angaben in den Informationen hervorgehoben, so dass dem Verbraucher die Angaben zu den Sollzinssätzen nicht ins Auge fallen.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.08.2021 11:56
Quelle: BGH online

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