OLG Frankfurt a.M. v. 16.6.2020 - 11 U 46/19

Kein öffentliches Zugänglichmachen bei Abrufbarkeit eines Fotos unter 70-stelliger Internetadresse

Wird nach Abgabe einer Unterlassungserklärung ein Lichtbild weiterhin im Internet unter einer URL mit 70 Zeichen zugänglich gemacht, ist hierin kein Verstoß gegen § 19a UrhG oder die vertraglich vereinbarte Unterlassungspflicht zu sehen.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Berufsfotograf und hatte den Beklagten 2013 abgemahnt, weil dieser zwei seiner Fotos für Kleinanzeigen bei eBay verwendet hatte. Hierauf gab der Beklagte im April 2013 eine Unterlassungserklärung ab. Im August 2013 schrieb der Kläger den Beklagten nochmals an und forderte Schadensersatz sowie eine Vertragsstrafe in Höhe von € 3.000, weil die Bilder noch im Internet verfügbar seien. Der Beklagte hatte eBay zwar angeschrieben und um Entfernung der Bilder gebeten, unter einer URL mit 70 Zeichen waren sie aber noch abrufbar. Der Beklagte sorgte nach diesem Hinweis dafür, dass die Fotos hier entfernt wurden. Erst im Dezember 2017 reichte der Kläger dann eine entsprechende Klage ein.

Das LG Frankfurt hatte die Ansprüche des Klägers abgelehnt, weil sie verjährt seien. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein.

Die Gründe:
Das OLG hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.

Unabhängig von der Verjährungsproblematik ging das OLG davon aus, dass der Beklagte die Lichtbilder durch sein Verhalten nicht weiterhin öffentlich zugänglich gehalten hat. Öffentliches Zugänglichmachen ist ein Unterfall der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG. Gemäß der Rechtsprechung des EuGH setzt das Merkmal der „Öffentlichkeit“ voraus, dass es sich nicht nur um eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten, sondern auch um „recht viele Personen“ handelt. Insoweit muss eine bestimmte Mindestschwelle erreicht werden, eine allzu kleine oder eher unbedeutende Mehrzahl genügt nicht.

In Anbetracht der langen und komplizierten URL ist offensichtlich, dass nur solche Personen Zugriff auf das Foto hatten, welche die URL innerhalb der eBay-Anzeige abgespeichert hatten oder sie ihnen von anderen Personen weitergegeben wurde. Es kann insoweit ausgeschlossen werden, dass außer dem Kläger „recht viele“ Personen die URL kannten und Zugang zu den Fotos hatten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich nicht um mehr Personen gehandelt hat, als sich zeitgleich in einer Zahnarztpraxis aufhalten. Eine rein abstrakte Abrufbarkeit genügt nicht. Es konnte ferner entgegen der Behauptung des Klägers nicht festgestellt werden, dass die Fotos über Suchmaschinen für Dritte auffindbar waren.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.08.2020 11:23
Quelle: Dr. Karolin Nelles LL.M., Kanzlei Schindhelm Frankfurt am Main

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