BGH 7.6.2018, I ZB 70/17

Zur Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs

§ 1059 Abs. 4 ZPO gilt im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung entsprechend, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen ist, weil einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Das Antragserfordernis des § 1059 Abs. 4 ZPO gilt auch bei einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung.

Der Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin nutzte in ihrem Verlag seit 1997 eine Software der Antragstellerin. Im Februar 2010 kündigte sie das Vertragsverhältnis zum Jahresende. Mit Softwarevertrag vom 15./18. Oktober 2010 vereinbarten die Parteien eine befristete Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit bis Ende 2012. Die Nutzung der Software der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin sollte danach zum 30.9.2012 eingestellt werden. Der Softwarevertrag enthält eine Schiedsvereinbarung.

Im August 2012 löschte die Antragsgegnerin die Software der Antragstellerin, wobei das Modul ConPortal 1 für das Onlineangebot SGB Intranet Plus auf zwei Servern nicht erfasst wurde. Im August 2013 machte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin eine Forderung von über 3,5 Mio. € wegen Nutzung ihrer Software nach dem 1.10.2012 geltend. Im November 2013 erhob sie Schiedsklage, mit der sie u.a. Zahlung von über 10 Mio. € begehrte.

Das Schiedsgericht verurteilte die Antragsgegnerin zur Zahlung von 2,6 Mio. € zzgl. näher bestimmter Zinsen, wobei es allein bei dem Zahlungsanspruch für zusätzliche "named user" zulasten der Antragstellerin ein Mitverschulden i.H.v. 50% berücksichtigte. Die Antragstellerin hat die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Das OLG gab dem Antrag statt. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin hat der BGH die Entscheidung aufgehoben und den Antrag, den erlassenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, unter Aufhebung des Schiedsspruchs zurückgewiesen.

Gründe:

Der Beschluss des OLG verletzte den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör.

Die Antragsgegnerin hatte vor dem OLG gerügt, das Schiedsgericht habe ihren Vortrag zu einem den Zahlungsausspruch der Antragstellerin ausschließenden oder zumindest erheblich mindernden Mitverschulden sowie Verstößen der Antragstellerin gegen vertragliche und gesetzliche Pflichten übergangen. Das OLG hat sich mit dem wesentlichen Kern dieses Vortrags auch wirklich nicht erkennbar befasst. Das stellt somit eine eigenständige Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin durch das OLG dar.

Das OLG hat angenommen, der Einwand der Antragsgegnerin, das Schiedsgericht habe ein Mitverschulden der Antragstellerin wegen der unterbliebenen Deinstallation der Softwaremodule berücksichtigen müssen, sei gegen die Sachentscheidung gerichtet und deshalb einer Überprüfung durch das OLG entzogen. Dass das Schiedsgericht diesbezügliches Vorbringen der Antragsgegnerin zur Kenntnis genommen habe, ergebe sich etwa aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung und der auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin Bezug nehmenden verfahrensleitenden Verfügung. Mit dieser Begründung hat das OLG somit das rechtliche Gehör der Antragsgegnerin eigenständig verletzt.

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist. Danach ist der Beschluss des OLG auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin aufzuheben und der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs unter Aufhebung des Schiedsspruchs zurückzuweisen. Zwar kann das Gericht gem. § 1059 Abs. 4 ZPO die Sache in geeigneten Fällen auf Antrag einer Partei an das Schiedsgericht zurückverweisen, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt worden ist. § 1059 Abs. 4 ZPO gilt im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung entsprechend, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen ist, weil einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Das Antragserfordernis des § 1059 Abs. 4 ZPO gilt auch bei einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung. Hier fehlte es allerdings an dem erforderlichen Antrag zumindest einer Partei, die Sache an das Schiedsgericht zurückzuverweisen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.08.2018 14:06
Quelle: BGH online

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