LG Frankfurt/M. 26.10.2017, 2-03 O 190/16

Zum erforderlichen Zeitablauf beim Recht auf Vergessenwerden

Mangels hinreichenden Zeitablaufs hat ein Geschäftsführer gegenüber einem Suchmaschinenbetreiber keinen Löschungsanspruch aufgrund Suchergebnissen zu Vorfällen, die sechs Jahre zurückliegen.

Der Sachverhalt
Der Kläger war bis April 2012 Geschäftsführer eines Regionalverbands. 2011 geriet dieser Verband in finanzielle Schwierigkeiten. Hierüber und über die Tatsache, dass der Kläger krank sei und sich Reha-Maßnahmen unterziehe, wurde im Internet unter Nennung des vollständigen Klägernamens berichtet.

Der Kläger begehrte nunmehr von einem Suchmaschinenbetreiber (Beklagte zu 2)) und dessen deutscher Niederlassung (Beklagte zu 1)) die Löschung der Suchergebnisse zu dieser Berichterstattung, unter anderem unter Berufung auf sein Recht auf Vergessenwerden.

Die Gründe
Das Landgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen: Die Beklagte zu 1) sei als deutsche Niederlassung weder Betreiberin der Suchmaschine noch Störerin. Der Kläger habe nicht vorgetragen oder nachgewiesen, dass die Beklagte zu 1) Einfluss auf die Suchergebnisse nehmen könne.

Die Beklagte zu 2) kann sich zwar nicht auf das Haftungsprivileg für Accessprovider nach § 8 Abs. 1 S. 1 TMG berufen, da Suchmaschinenbetreiber keine neutrale Stellung bzgl. der angezeigten Suchergebnisse einnehmen. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) fehlt es aber für den Anspruch an einer Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers. Als damaliger Geschäftsführer musste der Kläger eine Berichterstattung unter Nennung seines vollständigen Namens aufgrund des öffentlichen Interesses hinnehmen. Auch wenn es sich bei den Informationen zu seinem Gesundheitszustand um besondere Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG handelt, seien sie wenig detailliert, so dass ihre Veröffentlichung ebenfalls aufgrund des hohen öffentlichen Interesses zulässig sei. Im Hinblick auf das Recht des Klägers auf Vergessenwerden sei eine Zeitspanne von sechs Jahren nicht ausreichend.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.12.2017 11:16
Quelle: Dr. Karolin Nelles, LL.M.

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