Aktuell im ITRB

Open Source Compliance: Unterlassungs- und Rückrufverpflichtungen - Unterlassungs- und Rückrufansprüche gegenüber dem Lizenzverletzer (WItzel, ITRB 2019, 188)

Unstreitig entstehen bei Verbreitung von Open Source Software unter den gängigen Lizenzbedingungen Pflichten. Dass diese Verpflichtungen bei Embedded Systems besonders schwer umzusetzen sind, wird in der juristischen Literatur seit geraumer Zeit diskutiert. Eingehender zu beleuchten ist auch die Frage, welche urheberrechtlichen Ansprüche für die Hersteller von Embedded Systems besonders bedrohlich sind.

I. Ausgangslage

II. Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung nach § 97 UrhG

1. Unterlassung

a) Einstellen der rechtsverletzenden Handlung

b) Tatbestandsvoraussetzungen

2. Beseitigung

3. Schadensersatz

III. Besondere Beseitigungsansprüche: Rückruf nach § 98 UrhG

1. Vernichtung, Rückruf und Überlassung

2. Form des Rückrufs

3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

a) Verhältnis zwischen Rückruf und Schwere der Verletzung

b) Interessenabwägung

c) Kriterien

4. Darlegungs- und Beweislast
 

I. Ausgangslage
Verwendet ein Unternehmen in seinen Endprodukten Open Source Softwarekomponenten, so sind für die Mehrzahl dieser Komponenten bei Verbreitung bestimmte Lizenzpflichten einzuhalten. Dazu gehören im Regelfall die Weitergabe einer Kopie des Lizenztexts, damit – nach h.M. – ein Lizenzvertrag zwischen dem Rechteinhaber und dem jeweiligen Nutzer zustande kommen kann. Weitere typische Lizenzpflicht ist die Weitergabe von Urheberrechtsvermerken (Copyright Notices), die Weitergabe von Haftungs- und Gewährleistungsausschlüssen und die Bereitstellung des Source Codes. Dass diese Pflichten zu erfüllen sind, ist trotz der AGB-rechtlichen Bedenken bei einigen der besondere komplexen Lizenzbedingungen unstreitig; die konkrete Umsetzung ist Gegenstand vieler Diskussionen zum Wortlaut einzelner Lizenzen und deren Auslegung. Die Rechtsprechung wird Klarheit schaffen müssen, wobei eine restriktive Rechtsprechung gerade zu „Disclosure Websites“ für Unternehmen nicht unerhebliche Risiken dahingehend birgt, dass sie urheberrechtlichen Ansprüchen der Rechteinhaber ausgesetzt sind.

II. Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung nach § 97 UrhG

1. Unterlassung

a) Einstellen der rechtsverletzenden Handlung

Der verschuldensunabhängige Unterlassungsanspruch besteht sowohl bei der Verletzung urheberpersönlichkeitsrechtlicher als auch bei derjenigen vermögensrechtlicher Befugnisse. Inhaltlich ist bei zeitlich begrenzten Verletzungen ein Absehen von der Wiederholung bzw. Erstbegehung geschuldet und bei fortdauernden Verletzungen die Einstellung der rechtsverletzenden Handlung. Voraussetzung für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs ist das Bevorstehen oder die Wiederholung eines tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Handelns, das dazu bestimmt oder geeignet ist, die Rechte eines anderen – des Verletzten – zu beeinträchtigen. Es wird nur die Rechtswidrigkeit des Handelns, nicht aber ein Verschulden des Handelnden vorausgesetzt. Die Verschuldensunabhängigkeit birgt für die Verwender von Open Source Software besondere Risiken.

b) Tatbestandsvoraussetzungen
Damit ist bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen zu prüfen, ob

  • ein Recht des Anspruchstellers verletzt wird,
  • die Rechtsverletzung kausal auf einem Verhalten des Verletzers beruht (oder ihm in sonstiger Weise zuzurechnen ist),
  • die Verletzung rechtswidrig ist und
  • als besondere materiell-rechtliche Voraussetzung für jeden begründeten Unterlassungsanspruch eine Begehungs- oder Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die rechtsverletzende Handlung gegeben ist.


Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist neben dem Vorliegen einer objektiv rechtswidrigen Verletzungshandlung die Wiederholungsgefahr. Die für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs erforderliche Wiederholungsgefahr ist ...

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.07.2019 17:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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