BGH 2.7.2018, AnwZ (Brfg) 49/17

Externe Datenschutzbeauftragte hat keinen Anspruch auf Zulassung zur Syndikusrechtsanwältin

Bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" handelt es sich nicht lediglich um eine Beschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts, sondern um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. In Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers nach § 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1, 2 BRAO ist demnach nicht tätig, wer von diesem bei dessen Kunden als externer Datenschutzbeauftragter eingesetzt wird.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist seit 2008 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seit 2011 ist sie bei einem großen Dienstleistungsunternehmen, das Kunden im Bereich Datenschutz berät, als "Consultant Datenschutz und IT-Compliance" beschäftigt. Insbesondere wurde sie in der Vergangenheit als externe Datenschutzbeauftragte für Kunden ihres Arbeitgebers bestellt und tätig.

Im Februar 2016 - nach Inkrafttreten des neuen Rechts der Syndikusrechtsanwälte - hatte die Klägerin bei der Beklagten zusätzlich zu der bereits bestehenden Rechtsanwaltszulassung die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin gem. §§ 46 f. BRAO hinsichtlich des oben genannten Arbeitsverhältnisses bei ihrer Arbeitgeberin beantragt. Ihre Weisungsfreiheit begründe u.a. das Merkmal "anwaltlicher Tätigkeit" i.S.v. § 46 Abs. 2 u. 3 BRAO. In Ausübung ihrer Fachkunde auf dem Gebiet des Datenschutzes prüfe sie Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung von Sachverhalten, und erarbeite Lösungsmöglichkeiten (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 BRAO).

Die Beklagte lehnte die Zulassung ab. Sie war der Ansicht, die Klägerin sei im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses weder unmittelbar (§ 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO) noch i.S.d. § 46 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 bis 3 BRAO für ihre Arbeitgeberin in deren Rechtsangelegenheiten anwaltlich i.S.d. § 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BRAO tätig. Eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 5 BRAO scheide bereits mangels einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz aus. Der Anwaltsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wurde vom BGH zurückgewiesen.

Gründe:

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erlass des von ihr begehrten Verwaltungsakts nicht zu, da nicht alle Voraussetzungen für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwältin erfüllt sind.

Unerheblich ist, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch fachlich unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeiten i.S.d. § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO geprägt und zudem die erforderliche fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung der Klägerin weder vertraglich noch tatsächlich gewährleistet ist. Denn es fehlt jedenfalls an der weiteren, vom Anwaltsgerichtshof zutreffend verneinten Zulassungsvoraussetzung, wonach sich die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers zu beschränken hat. Die Klägerin ist als externe Datenschutzbeauftragte nicht, wie in § 46 Abs. 2 S. 1, § 46 Abs. 5 BRAO vorgesehen, im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für ihre Arbeitgeberin in deren Rechtsangelegenheiten tätig.

Bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" (§ 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 BRAO) handelt es sich nicht lediglich um eine Beschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts, sondern - ebenso wie bei den Bestimmungen in § 46 Abs. 2 bis 4 BRAO - um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. In Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers nach § 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1, 2 BRAO ist demnach nicht tätig, wer von diesem bei dessen Kunden als externer Datenschutzbeauftragter eingesetzt wird.

Die Gesetzesmaterialien des am 1.1.2016 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung bekräftigen die Auslegung, dass nicht in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers anwaltlich tätig ist, wer - wie hier die Klägerin - von diesem als externer Datenschutzbeauftragter bei dessen Kunden eingesetzt wird. In der Begründung des Fraktionsentwurfs des vorgenannten Gesetzes wird bereits im Rahmen der einleitenden Schilderung des Ziels und der Lösung des Gesetzentwurfs der Wille des Gesetzgebers deutlich, dass der Syndikusrechtsanwalt die Funktion eines anwaltlichen Beraters seines Arbeitgebers hat und deshalb im Zusammenhang mit der statusrechtlichen Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt in einem Unternehmen u.a. die Einschränkung - gegenüber dem selbständigen Rechtsanwalt nach § 4 BRAO - vorgenommen wird, dass die Tätigkeit von Syndikusrechtsanwälten grundsätzlich auf die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt sein soll.

§ 46 Abs. 5 BRAO verstößt, soweit danach ein als externer Datenschutzbeauftragter bei Kunden seines Arbeitgebers eingesetzter angestellter Unternehmensjurist nicht in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers tätig wird, nicht gegen Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG. Im Kern geht es der Klägerin mit der von ihr zusätzlich erstrebten Zulassung als Syndikusrechtsanwältin - wie ihre beim BSG anhängige sozialrechtliche Klage unterstreicht - darum, eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI zu erreichen. Selbst wenn die oben genannte Auslegung des § 46 Abs. 5 BRAO und die hieraus für den Streitfall folgende Verneinung dieser gesetzlichen Voraussetzung einer Zulassung als Syndikusrechtsanwältin dazu führen sollte, dass die sozialgerichtliche Klage der Klägerin auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht letztlich ohne Erfolg bliebe, stellte dies weder eine Verletzung des Grundrechts der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG noch ihrer sonstigen Grundrechte dar.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.08.2018 10:55
Quelle: BGH online

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